Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

112 
die Handgriffe und Instrumente waren schon in unvordenklicher 
Zeit dem ganzen civilisirten Italien bekannt, und insbesondere 
glaubt Cantor 3 ) dem geodätischen Universalwerkzeug, der 
Groma *), einen etruskischen Ursprung unterzulegen zu müssen ; 
Ottfried Müller 5 ) ist allerdings abweichender Ansicht, aber 
doch lediglich aus sprachlichen Gründen. Dass bereits die älte 
sten Römer sich mit dem mechanischen Theil des Feldmessens 
ganz gut abgefunden haben müssen, beweist schon ihre bekannte 
Geschicklichkeit im Abstecken eines Feldlagers. Unter dem 
Einfluss Caesar’s nahm diese rein manuelle Kunst, mit Kette 
und Winkelkreuz zu manipuliren, wirklich mathematische Ele 
mente auf; die eingewanderten Griechen brachten solche mit. 
„Alexandrinische Astronomen und Geometer“, sagt Cantor, 
„konnten nur dasjenige Material mit sich führen, welches da 
mals in ihrer Heimath in allen Händen sich befand. Die Werke 
des Heron von Alexandrien mussten ihnen dienen, und wirk 
lich gelingt es, bis auf geringe Ausnahmen sämmtliche Formeln, 
Rechnungen und feldraesserische Veranstaltungen, welche bei 
römischen Schriftstellern sich finden, auf Stellen der uns als 
heronisch überlieferten Schriften zurückzuführen“ 6 ). 
Wollten wir auch nur im kurzen Umriss den Gang der Un 
tersuchung anschaulich machen, deren Tendenz durch diese 
Worte charakterisirt ist, so würde uns nichts übrig bleiben, 
als eine Reihe fortlaufender Excerpte aus dem Cantor’sehen 
Buche hier einzuschieben. Es genüge zu sagen, dass der Plan, 
den leitenden Faden in der Geschichte der spätrömischen und 
mittelalterlichen Mathematik bloss zu legen, mit durchschlagen 
dem Erfolge realisirt wurde. 
Die verschiedenen Mitglieder der Agrimensoren-Corporation 
werden uns vor geführt, fast bei allen treffen wir die alten ägyp 
tisch-heronischen Formeln mit festem Vertrauen benützt an. 
Ebenso ausführlich werden Beda und Alcuin besprochen v )j 
die „problemata ad acuendos juvenes“, welche — wie schon im 
Texte erwähnt — aller Wahrscheinlichkeit nach in Kloster- wie 
Pallastschulen dem Zwecke der Geistesgymnastik dienen muss 
ten, leiten allenthalben zur heronischen Quelle zurück. Das 
'■■) Eine gedrängte, aber recht übersichtliche Beschreibung des römischen 
„Sternes“ hat auch bereits Hankcl 4 ) gegeben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.