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die tiefen Wahrheiten, mit welchen jene Männer uns beschenkt
haben, auf einem ganz anderen Wege gefunden wurden, als etwa
auf demjenigen, den ein Rückwärtslesen ihrer Beweise andeuten
würde, das kann man wohl a priori behaupten. Eine neue
Wahrheit wird niemals deduktiv, sondern stets induktiv gehr,
den, wenn sie nicht etwa ein einfaches Corollar darstellt; jede
Schüler weiss, dass er bei der Lösung elementar-geometrische
Aufgaben sich zuerst die fertige Figur hinzuzeichnen und s
eine „Analysis“ zu verschaffen habe. Die Elemente de
Euclides regten in ihrer Einfachheit weniger zu derartigen
Gedanken an, und auch aus der flüssigen schon mehr an den
genetischen Vortrag hinstreifenden Entwickelungsweise des ele
ganten Apollonius glaubte man viel eher die leitenden Prin
cipien herauslesen zu können. Derjenige Geometer aber, welcher
mit Macht zu Versuchen herausforderte, seinen tiefsinnigen Ge
dankenfolgen nachzuspüren, war und bleibt Archimedes. Und
wirklich, nicht leicht wird Irgendjemand eines der schwierigeren
Werke des grossen Sicilianers durcharbeiten, ohne beim Anblick
der coraplicirten abrupt hingestellten Theoreme ausrufen zu
müssen: Auf welchem Wege gelangte man zu solchen Ergeb
nissen ?
Hat nun Archimedes wirklich den Weg, auf welchem
fortschreitend er seine Wahrheiten eruirte, absichtlich für die
Nachwelt verhüllt, hat er überhaupt ein solches niemals ver
sagendes Mittel besessen? Viele spätere und frühere Mathe
matiker haben dieser Ansicht gehuldigt; einer derselben hat
seine Auffassung durch eine selbstständige Schrift erläutert,
Diess ist Isaac Barrow, Newton’s geistreicher Lehrer.
Chasles berichtet uns hierüber Folgendes 1 ): „Man hat in dem
Jahr 1684 unter dem Titel Lectiones mathematicae *) die Vor
lesungen gesammelt, welche Barrow an der Universität zu
Cambridge über Philosophie und Mathematik in den Jahren 1664,
1665 und 1666 gehalten hat, wozu noch vier andere Vorlesungen
*) Wir konnten ein Exemplar dieses Werkes zu Eathe ziehen; allein lei
der enthält dasselbe 2 ) lediglich die bei verschiedenen Gelegenheiten vor einem
grösseren akademischen Publikum gehaltenen mathematisch-philosophischen
Schulreden, während der interessantere Anhang, dessen Chasles Erwähnung
thut, nicht beigefügt ist.