Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

55 
Wirkung zu paralysiren. Die in Lehrbüchern vielfach sich fin 
denden Zweifel, ob man damals in jenen Sphären blos ideale 
ßewegungsträger oder aber wirklich materielle Kugelschalen 
gesehen habe, scheint uns durch diesen Erklärungsversuch des 
Aristoteles endgültig in letzterem Sinne entschieden. 
In gewissem Sinne kann diese aristotelische Einkapselungs 
theorie recht wohl als der Keim der späteren Epicyklen be 
trachtet werden, wie diess denn auch Schaubach thut. Die 
Art und Weise, wie er die geschichtliche Nothwendigkeit dieser 
letzteren zu deduciren sucht, ist nicht ohne Interesse. Dass mit 
den Sphären nicht einmal eine wirklich mathematische Befriedi 
gung zu erzielen sei, meint er 6 ), musste man, abgesehen von 
allen physikalischen Unmöglichkeiten, bald einsehen. „Man 
würde also sicher auf Mittel gedacht haben, sie zu ändern und 
zu verbessern, wenn die Metaphysik nicht dagegen gewesen 
wäre. Nur dann erst gelang es, wie man sich getraute, diese 
Fesseln abzuschütteln, und das geschah unter den Alexandrinern. 
Apollonius Pergaeus (ant. Chr. 280) erfand durch blosse 
mathematische Betrachtung die Epicyklen, wodurch allerdings 
die Sache viel einfacher und also der Natur gemässer dargestellt 
wurde.“ 
Bei welcher Gelegenheit der berühmte Geometer einen sol 
chen Exkurs auf astronomisches Gebiet gemacht hat, ist freilich 
nicht näher bekannt, und diese Unkenntniss mag wohl auch 
daran schuld sein, dass viele Schriftsteller die Autorschaft, einem 
Anderen zuschreiben. So sagt auch der verdienstvolle und ge 
wöhnlich wohlunterrichtete Geschichtschreiber der induktiven 
Wissenschaften 7 ), die Idee der späteren Epicyklen sei zwar be 
reits in der platonischen Periode allmälich vorbereitet worden, 
zu einer wirklichen Theorie aber habe erst Hipparch sie aus 
gebildet. Dem steht aber, sollte man meinen, als vollwichtiger 
Zeuge Ptolernaeus selbst mit seinen eigenen gewiss besonders 
competenten Worten gegenüber s ) : „iis quae per observationes 
capiuntur ad huius rei ergo intelligentiam et caeteri Mathematici 
et Apollonius pergensis demonstraret . . .“ Aber wie dem auch 
immer sei, zur eigentlichen Vollkommenheit hat erst dieser grosse 
Systematiker das epicyklische System erhoben. 
Dass dasselbe für jene Zeit und Anschauungsweise in der 
That völlig genügend war, wird sich schwerlich leugnen lassen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.