Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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Falle ebenfalls reichlich der falschen Prämisse entsprossen, ist 
jedem Analytiker bekannt genug *). 
Wer, ohne eigentlich auf die Quellen selbst zurückzugehen, 
sich von den mancherlei Phasen dieses Uebergangsstadiurns ein 
deutliches Bild verschaffen möchte, der braucht blos die durch 
verschiedene Bände des Grünert’schen Archivs (8, 4, 7) sich 
hindurchziohonde Polemik zwischen zwei Schülern des [mathe 
matischen Philosophen Fries, Barfuss und Schlö milch, zu 
studiren. Hier sehen wir, wie die Vertreter einer absterbenden 
Richtung ihr Terrain hartnäckig und durchaus nicht ohne Geist 
zu behaupten suchen. Schon drängt sich ihnen das Bewusstsein 
auf, für eine verlorene Sache zu streiten, und durch die eigen- 
thürnlichsten Palliativmittel bestreben sie sich das ihnen Lieb 
gewordene zu retten. Da heisst es, nicht mit divergenten, wohl 
aber mit „allgemeinen“ Reihen dürfe man rechnen, da wefden 
die „syntaktischen Bedeutungen“ analytischer Ausdrücke in’s 
Gefecht geführt; so z. B. ist die Relation 
— — = 1+ 2 + 4 + 8 + 16 + ... 
Li 
algebraisch falsch, syntaktisch aber richtig. Ein ausgezeichneter 
Mathematiker sucht sogar, um wenigstens den Begriff der uni 
versellen Potenzreihenform zu conserviren, zu dem Gleichheits 
zeichen ein neues Operations-Symbol hinzutreten zu lassen 9 )‘. 
Aber umsonst, heute ist Cauchy’s Reformation wohl überall 
anerkannt. 
Die vorstehend durchgeführte Vergleichung zweier so weit 
aus einander liegender Perioden rührt der Idee nach von dom 
um die Geschichte seiner Wissenschaft hochverdienten T. Müller 
her. Das Studium der griechischen mathematischen Classiker 
empfehlend bemerkt derselbe nämlich: „Manchem thut es wohl 
einmal zeitweilig von der heutigen grossen Allgemeinheit unserer 
*) Es verdient übrigens bemerkt zu werden, dass der erste deutsche 
Mathematiker, welcher mit Entschiedenheit die Unrichtigkeit jener Lehr 
meinung hervorhob und au einem flagranten Beispiel kennzeichnete, kein 
anderer war als der sonst gewöhnlich für den Champion veralteter Anschau 
ungen ausgegebene Martin Ohm. Bezüglich der näheren Umstände dieses 
Falles, dessen Discussion durch einen von Poinsot begangenen Fehler pro- 
vocirt ward, vergleiche man den übersichtlichen Bericht v. Ettings 
hau s e n ’ s 8 ),
	        
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