Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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erscheint dann die Idee bereits zu voller Klarheit durchgedrun 
gen, und mit ihm tritt das Problem in ein völlig neues Stadium. 
Man kann von jener Epoche ab zwei Klassen von Cirkelquadrirern 
unterscheiden, je nachdem die sich mit demselben beschäftigen 
den Mathematiker einem erreichbaren Ende oder aber einem 
Phantom zustreben. Die erste Kategorie sucht lediglich die 
Losung des Archimedes zu verbessern, ihr diejenige Ver 
feinerung zu geben, deren sie in hohem Grade fähig ist, wobei 
dann auch häufig die Erwartung mit untergelaufen sein mag, in 
der langen Zahlenreihe für n Spuren von Periodicität oder ande 
rer Gesetzmässigkeit hervortreten zu sehen. 
Die andere Kategorie bemüht sich direkt die Linie zu fin 
den, welche dem Kreisumfange mathematisch genau gleich sein 
soll. lieber diesen interessanten Theil mathematischer Geschichte 
besitzen wir durch Montucla 4 ) eine anregend und lebhaft, 
wenn auch nicht immer gründlich geschriebene Monographie; 
eine Reihe von Einzelversuchen, welche in seinem Werke keinen 
Platz erhalten haben, fanden ihn in dem grossen Repertorium ö ), 
in welchem der Schotte Morgan alle geistigen Extravaganzen 
des Menschengeschlechtes zu sammeln sich vornahm*). Gewährt 
es dem Geometer einigen Reiz, die tausenderlei Näherungscon- 
struktionen eines Älbrecht Dürer**), Kochanski, Lam 
gclegt oder direkt den Kreis-Inlialt als Mittel aus beiden Polygonen hinge- 
stcllt habe; Brotsebneider 2 ) neigt sieb der letzteren Ansicht zu. Jeden 
falls waren jene Alten weit von der plumpen Auffassung späterer Zeiten ent 
fernt, welche die richtige Maxime Brys on’s in die rohe Näherung umsetzte 3), 
dass die Kreisfläche das geometrische Mittel zwischen Sehnen- und Tangentcn- 
Quadrat sei. Hier liefert die Proportion 
4r 2 : r 2 Tr = r 2 7r : 2r 2 
den kaum mehr als approximirt zu bezeichnenden Werth n — ^/8. 
*) A. de Morgan hat, um Uebersicht in seinen Raritätenkasten zu 
bringen, die praktische Vorkehrung getroffen, jeden Autor, von dessen Schrift 
er eine kurze Analyse mittheilt, durch ein dem Namen beigesetztes Kenn 
zeichen als zu einer bestimmten Kaste von Sonderlingen gehörig zu signa- 
lisiren; freilicli rechnet er auch hie und da Gelehrte mit herein, die ein 
Recht hätten, sich in der ihnen oktroyirten Gesellschaft unbehaglich zu fühlen. 
**) Die Verzeichnung Dürer’s ist gerade keine sehr genaue 6 ), der aus 
ihr resultircndc Werth für n ist nicht dem archimedischen vorzuziehen. 
Der Umstand jedoch, dass die von uns bei einer früheren Gelegenheit bc-
	        
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