Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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In der Hoffnung, daß dieses Brieflein noch vor mir hei Ihnen 
ankommt und daß Ihnen meine schleunige Ankunft in diesen Tagen 
nicht lästig ist, verspare ich alles weitere bis dahin und füge nur 
noch herzliche Empfehlungen an die lieben Ihrigen bei. 
Ganz der Ihrige 
Gerling. 
Nr, 69, [Gerling an Gauß.] 
Kassel, den 19. Oktober 1815. 
Mit dem herzlichsten Dank für Ihre freundliche Aufnahme 
benachrichtige ich Sie, teuerster Herr Professor, heute von meiner 
gestrigen glücklichen Rückkehr. Es ging mit meinem Pferd auf dem 
Rückwege viel besser als auf dem Hinwege; auch fehlte es mir nicht 
an Unterhaltung, da unterwegs der 18. Oktbr. ziemlich lebendig 
gefeiert wurde, so daß ich fast überall vergnügten Bauern, zum Teil 
in großen Haufen mit Fahnen, Trommeln und Pfeifen begegnete. 
Gegen Abend sah ich rundum schon hin und wieder bedeutende 
Bergfeuer entstehen. Hier in Kassel war auch alles sehr lebendig 
und ich wohnte noch mit meiner Mutter nach 7 Uhr der Anzündung 
des großen Holzstoßes bei. — 
Mein Töchterlein machte mir bei meiner Rückkehr viel Freude, 
indem sie auf ganz unzweideutige Weise ihr Vergnügen über mein 
Wiedererscheinen zu erkennen gab; auch erzählte mir meine Frau 
mehrere kleine Züge von ihr, wodurch sie während meiner Ab 
wesenheit zu erkennen gegeben hat, daß sie mich vermißte. 
Soeben habe ich Briefe von Lindenau und Nicolai erhalten. 
Der erstere fordert mich zur Teilnahme an der neuen Zeitschrift 
auf und bittet mich fürs erste um eine Notiz über die Sonnen 
finsternis von 1816, die ich also nächstens vornehmen werde, obwohl 
ich dabei die Scheu vor Mondsörtern überwinden muß. Nicolai gibt 
sich leider die Mühe, mir ausführliche Nachricht von seiner Rech 
nung über die Vestaopposition zu geben, um zu zeigen, daß die 
Differenz in der Opposition nicht ihren Grund in einem von ihm 
gemachten Rechnungsfehler haben könne. Ich werde in den 
nächsten Tagen meinen bei der Aberration begangenen Fehler ver 
bessern und Ihnen sodann mein verbessertes Resultat vorlegen. 
Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau recht herzlich und 
danken ihr in meinem Namen für ihre gütige Aufnahme. Grüßen 
Sie alle Kinder von mir herzlich. 
Mit der Bitte, daß Sie mir Ihre auch diesmal so deutlich be 
wiesene Liebe und Gewogenheit erhalten mögen, schließe ich heute. 
Ganz der Ihrige 
Gerling.
	        
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