Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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Von Encke habe ich noch nichts weiter gehört. Diesen Winter 
habe ich (außer einem andern Collegio) einen sehr fleißigen 
Schüler an dem Doktor Tittel[ x ], einem ungarischen Geistlichen, 
der designiert ist, demnächst der Sternwarte in Erlau vorzustehen. 
In der Hoffnung, bald angenehme Nachrichten von Ihnen zu 
hören ,, , 
Ihr ganz ergebenster 
C. F. Gauß. 
Nt. 78. [Gerling an Gauß.] 
Kassel, den 17, Febr. 1816. 
Recht lange habe ich gezögert, Ihre beiden letzten lieben Briefe 
zu beantworten, teils weil ich wünschte, Ihnen eine nähere Nach 
richt über meine hiesigen Aussichten mitteiien zu können, teils weil 
ich die Vollendung meiner Rechnungen über die Sonnenfinsternis 
vom 19, Novbr. abwarten wollte, die nur sehr langsam vonstatten 
gingen, da ich jetzt wöchentlich etwa 35 Stunden mit Unterricht und 
darauf Beziehung habenden Geschäften zu tun habe. — Die hiesige 
Sternwartenangelegenheit steht noch auf demselben Punkte, wo sie 
damals stand, als ich Ihnen zuerst davon Nachricht gab. Es ist mir 
darüber weiter nichts zu Ohren gekommen, obwohl ich mir Mühe 
gegeben habe, so gut ich konnte, Nachrichten einzuziehen. — Die 
Herren, die damals sich dafür interessierten, sind auch so be 
schäftigt und zum Teil so vornehm, daß ich nur äußerst selten 
Gelegenheit finden kann, sie zu sprechen. — Ueberdies ist Matsko 
jetzt in Berlin in Angelegenheiten von aus Paris zurück 
gekommenem Eigentum des Museums, das aus Versehen sich dorthin 
verirrt hat, und während seiner Abwesenheit wird man wohl die 
Sache ruhen lassen; da ich noch immer glaube, daß ein Antrag 
von ihm am ersten vom Fleck helfen wird, wozu er aber gewiß 
nicht geneigt ist. — Auch verspreche ich mir jetzt wirklich außer 
ordentlich wenig Erfolg, da an allen Gegenständen so entsetzlich 
geknausert wird. — Dabei halte ich es für notwendig, den Schein 
der Bewerbung so viel wie möglich von mir zu entfernen, weil ich 
fürchte, man könnte mir sodann eigennützige oder gar persönliche 
Rücksichten unterschieben oder doch durch ganz einseitig gemachte 
Bedingungen gerade das Gegenteil von dem, was mir eigentlich lieb 
sein würde, mir „konferieren“. — Demnach bleibt mir, so wie ich 
glaube, nur übrig, meine Hoffnungen auf die entferntere Zukunft 
hinauszuschiehen und meine wenige freie Zeit gewissenhaft anzu 
wenden, um mich auf einen künftigen astronomischen Beruf nach 
Kräften vorzubereiten; denn daß ein solcher mir, wenn auch später, 
dann doch einmal zuteil werden wird, hoffe ich fest im Vertrauen auf 
[i Tittel, Paul, geb. 1784, gest. 1831; Professor der Astronomie an der Universität 
Pestb, seit 1824 Direktor der Sternwarte zu Ofen.]
	        
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