Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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gelesen und bin erstaunt, wie jener so unüberlegt urteilen konnte. 
Die verschiedenfarbigen Strahlen, nachdem sie durch die Atmo 
sphäre gegangen, aber ehe sie ins Fernrohr eingetreten sind, sind 
ja nicht mehr parallel. Das Fernrohr muß also anders gestellt 
werden für rote, anders für grüne etc. Strahlen; also anders, wenn 
ich ein farbiges Glas gebrauche, welches die roten Strahlen aus 
schließt, anders wenn ein die grünen Strahlen ausschließendes 
Glas gebraucht wird. Die Sache ist luce clarior, und nur schwer 
möchte zu erraten sein, was für konfuse Vorstellungen Hr. Brandes 
gehabt hat. 
lieber den Zustand der Sternwarte, meiner Wohnung usw. 
schreibe ich Ihnen, liebster Gerling, heute nichts. Tittel wird 
Ihnen mündlich alles umständlicher erzählen können. Das beste 
ist, daß ich und die Meinigen gesund sind. In der bessern Jahres 
zeit wird auch die Wohnung ihre Annehmlichkeiten haben. Von 
Repsold weiß ich noch immer nichts Zuverlässiges. Am Ende 
liefert Reichenbach seinen Kreis noch früher ab als jener. 
Daß Hr. von Lindenau — hoffentlich doch nicht auf immer — 
den Seeberg verlassen hat, werden Sie vielleicht schon wissen oder 
Hr. Dr. Tittel wird es Ihnen erzählen. 
Kennen Sie denn eine Abhandlung von vielen, vielen Quart 
seiten, die Tönnies hat drucken lassen? Ich habe davon noch 
nichts gesehen. Hr. von Lindenau schrieb mir aber, sie sei das 
Nonplusultra der Weitschweifigkeit, ja sie übertreffe noch Hrn. 
Delambres exercices! 
Die Seeberger Vestabeobachtungen werden Sie durch Hrn. 
Encke längst erhalten haben. Wahrscheinlich beschenken Sie uns 
wieder mit einer Ephemeride für die nächste Erscheinung, die ich 
vielleicht hier schon mit fixen Instrumenten beobachten kann. 
Die Kürze der Zeit nötigt mich, heute hier zu schließen. 
Hoffentlich sehe ich Sie doch in der bessern Jahreszeit einmal hier. 
Leben Sie wohl, liebster Gerling, und erfreuen Sie bald einmal 
wieder mit einigen Zeilen 
Ihren treu ergebensten 
C. F. Gauß. 
Nr. 94. [Gerling an Gauß.] 
Kassel, den 10. März 1817. 
Recht vielen Dank sage ich Ihnen, verehrtester Herr Professor, 
für Ihren gütigen Brief vom 3. März, durch dessen Ueberbringung 
mich Hr. Dr. Tittel sehr erfreute. — Ich beantworte ihn heute mit 
der Absicht, um Ihnen das Ergebnis meiner Vestarechnung mit 
zuteilen. Die Beobachtungen gaben mir, nachdem ich die Epoche
	        
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