Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

— 182 — 
Nr. 110. [Gerling an Gauß.] 
Marburg, den 22. Novbr 1818. 
Herzlichen Dank sage ich Ihnen für Ihren freundlichen Brief 
vom 25. August, der richtig bei mir angekommen ist. (Hr. Prof. 
Hausmann scheint ihn unterwegs einem anderen Reisenden mit 
gegeben zu haben, denn ich erhielt ihn aus dem Posthause, wo 
man ihn von einem dänischen Grafen wollte erhalten haben.) 
Ich danke für die ausführlichen Nachrichten von dem 
Repsoldschen Kreise und freue mich auf die Nachricht darüber in 
den G. G. A., die ich noch nicht habe zu Gesicht bekommen können. 
(Es geht damit in unseren hiesigen Lesezirkeln so langsam, daß 
ich jetzt erst die Maistücke gelesen habe.) Aus dieser Nachricht 
wird mir hoffentlich auch der Punkt noch klar werden, der, wie 
ich glaube, mir nun allein noch undeutlich ist, wie man sich 
nämlich versichern kann, daß die Libelle (oder ihre Tangente) 
parallel mit der Gesichtslinie des Fernrohres ist. 
Vielen Dank für die gütigen Mitteilungen über Faktoren und 
Primzahlen, ich habe bereits diese Materien in den Lorenz hinein 
verarbeitet. Ich finde übrigens bei der Arbeit selbst, daß das 
Unternehmen schwerer ist und mehr Zeit erfordert, als ich mir 
gedacht hatte. Jetzt bin ich noch nicht mit der Bruchrechnung 
fertig. Freilich finde ich auch im Anfang am meisten zu ver 
bessern. In der Geometrie habe ich immer beim Unterricht 
weniger zu ändern gebraucht. Erlauben Sie mir noch eine Frage 
über diese Arbeit. — Meines Wissens ist die Konstruktion des 
Siebzehnecks noch in keinem Elementarwerk vorgetragen. Ihre 
Betrachtungen darüber in den Disq[isitiones] Ar[ithemeticae] ver 
stehe ich nicht, weil ich die priora nicht weiß. Gibt es eine Kon 
struktion dafür, die sich in ein Elementarwerk paßt, so würden Sie 
mich sehr verbinden, wenn Sie meine Ausgabe des Lorenz damit 
zitieren wollten. — Ich würde für diesen Fall dann noch die zweite 
Bitte hinzufügen, mir die historischen Notizen über diese Ihre 
Entdeckung, die Sie zur Bekanntmachung dabei für geeignet halten, 
mitzuteilen. 
Beigehend übersende ich Ihnen eine kleine Abhandlung über 
mein neues Hütchen für die Magnetnadel, die ich vor 14 Tagen 
in unserer Naturforschenden Gesellschaft vorgelesen habet 1 ], und 
bitte Sie um Ihr Urteil darüber. Soviel ich bis jetzt sehe, glaube 
ich, daß es seinen Zweck vollkommen erfüllt. Auch kann ich mir 
bei der gewissenhaftesten Überlegung nicht denken, daß ich meine 
Fehler mit in die Resultate hineingemessen hätte. Indessen ist 
freilich das, was in dieser Abhandlung steht, erst das A eines 
Alphabets, was nach und nach noch durchgearbeitet sein will, und 
werde ich diese Gegenstände aufs neue vornehmen, sobald ich
	        
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