Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

stellte ihm meine Verlegenheit vor und bat dringend, mir nur in 
ein paar Zeilen Antwort zu geben, damit ich wisse, wie die Sache 
stehe; demungeachtet habe ich bis diesen Augenblick keine Ant 
wort. Darf ich nun wohl so frei sein, Sie zu ersuchen, daß Sie sich 
der Sache annehmen, in einem Ihrer Briefe an U [tzschneider] ihm 
meine Ihnen geschilderte Verlegenheit melden und ihn auffordern, 
mich nur mit zwei Worten zu benachrichtigen, wie ich mit dieser 
Sache daran bin? — Ich muß jetzt Ende Dezbr. wieder an die Uni 
versität berichten und wieder sagen, daß ich meinen Fonds zum Teil 
aufgespart habe für einen Zweck, über dessen Ausführbarkeit ich 
keine Rechenschaft ablegen könnte, weil ich auf meine Briefe keine 
Antwort erhalten, wenn ich bis dahin nicht Nachricht erhalte. 
Mein Jahrgeld hat sich nun von 150Talern auf 200 Taler erhöht, 
indem nach Gundlachs Tode, der die geodätischen Instrumente 
unter seiner Aufsicht hatte und 50 Taler jährlich dafür, diese In 
strumente nebst ihrem Fonds mit dem Kabinett, dem ich vorstehe, 
wieder vereinigt sind. 
Die Berechnung der Sonnenfinsternis von 1820 habe ich auch 
wieder vorgenommen; ich habe etwa ein Dutzend Oerter in Deutsch 
land genau berechnet, auch Interpolationsformeln (ähnlich den 
Littrowschen) daraus abgeleitet, und muß nun noch den Streifen, 
wo die ringförmige Finsternis auf hört, genau ahleiten. Inzwischen 
hat mir Posseltf 1 ] geschrieben, daß er sich auch damit beschäftige, 
und mich um Mitteilung meiner Elemente gebeten, worauf ich ihm 
dann alles ausführlich geschickt habe. — Wo ist aber jetzt der Ort, 
um dergleichen, was doch für das Publikum bestimmt ist, bekannt 
zu machen? — 
Indem ich alles mich persönlich Betreffende der mündlichen 
Relation meines Bruders überlasse, empfehle ich mich Ihnen aufs 
beste und bitte um herzliche Grüße an die liehen Ihrigen. Behalten 
Sie ferner lieb T1 
Ihren 
Gerling. 
Nr. 116. [Gerling an Gauß.] 
Marburg, den 23. Mai 1820. 
Verehrtester Herr Hof rat! 
Recht lange habe ich Ihnen nicht geschrieben. Diese Zögerung 
entstand zum Teil mit aus dem Wunsche, Ihnen doch etwas von 
meiner Arbeit mitschicken zu können. 
Sie erhalten hier beiliegend nun einen kleinen Aufsatz über 
die Sonnenfinsternis vom 7. Septbr., den ich endlich nach tausend 
Unterbrechungen zustande gebracht habe. Mit Übersendung des- 
p Posselt, Johannes Friedrich, geh. 1794, gest. 1823; Prof. d. Math, u, Astro 
nomie a. d. Univ. Jena.]
	        
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