Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

— 201 — 
matik vor 36 Zuhörern, ein numerus, der für unsere bisherigen 
Verhältnisse ganz bedeutend ist; zehn Zuhörer nehmen an der prak 
tischen Geometrie und den damit verbundenen Übungen teil; ein 
öffentliches Kollegium über Buchstabenrechnung und erste An 
fangsgründe der Algebra ist mit etwa 28 besetzt. Außerdem habe 
ich noch zwei andere Vorträge, ein Repetitorium über Physik und 
die Kegelschnitte, welche ich eigentlich versuchsweise ankündigte, 
mit sechs und vier Zuhörern besetzt. Dadurch habe ich freilich 
für diesen Sommer recht viel zu tun, so daß meine Zeit fast aus 
schließlich auf Unterricht verwandt wird; ich halte es aber für 
Pflicht, den zur Mathematik Neigung fassenden jungen Leuten 
nach allen meinen geringen Kräften entgegenzukommen und be 
ruhige mich durch diesen Gedanken bei dem mir manchmal 
drückenden Gefühl des Mangels an eigener Privatbeschäftigung. 
Mit meinem Lorenz ist es bis jetzt sehr langsam gegangen, 
doch ist der 18. Bogen unter der Presse, und da die ersten 12 bis 
14 Bogen schon im Buchladen zu haben sind, so lese ich diesen 
Sommer darüber, in der Hoffnung, etwa in zwei Monaten das ganz 
vollendet zu sehen. 
Meine äußere Lage hat in zweierlei Hinsicht Verbesserung er 
fahren, seit ich Ihnen zuletzt schrieb. Zuvörderst ist mir eine freie 
Wohnung (die sonst Gundlach inne hatte) eingegeben, die freilich 
nicht schön, aber doch gut und brauchbar ist und mich der ferneren 
Notwendigkeit, zur Miete zu wohnen, überhebt. Sie wird nun 
jetzt erst in Ordnung gebracht, und in etwa vier bis sechs Wochen 
denke ich einzuziehen. Ferner ist mir auf meinen Antrag beim 
mathematisch-physikalischen Kabinett ein Gehülfe und Aufwärter, 
den ich sonst mir selbst halten mußte, beigegeben und mit einer 
kleinen Besoldung fixiert worden. 
Meine Gesundheit ist, gottlob, in den letzten Jahren recht gut 
gewesen und ebenso auch, im ganzen genommen, die meiner 
Familie, obwohl es bei den Kindern, deren ältestes bald fünf Jahr 
alt wird, das jüngste ein Jahr alt geworden ist, sowie auch bei 
meiner Frau an kleinen, vorübergehenden Unpäßlichkeiten nicht 
gefehlt hat. 
Sie werden mich sehr erfreuen, wenn Sie mir bald einmal Nach 
richt von sich und den lieben Ihrigen geben, denen ich mich aufs 
herzlichste zu empfehlen bitte. 
Behalten Sie ferner in freundschaftlichem Andenken 
Ihren Gerling. 
Nr. 117. [Gauß an Gerling.] 
Göttingen, 26. Juni 1820. 
Ich muß Sie, liebster Gerling, recht sehr um Verzeihung bitten, 
daß ich Ihren Brief etwas spät beantworte. Ich wünschte Ihnen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.