Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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scheinlichkeit nach im Herbst 1826 die Karte von ganz Hessen 
fertig sein könnte, und nachdem noch am 22. Februar ein junger 
Mann als Geometer-Eleve angestellt war, erhielt ich am 29. die 
Nachricht: da in dem Grundetat für 1824 nicht nur nicht die 
beantragte, sondern gar keine Summe für die Landesvermessung 
bewilligt sei, so solle das Geschäft sofort eingestellt werden, und 
möchte ich den Gehülfen ankündigen, daß ihre Funktionen und 
Remunerationen aufhörten, auch Aeußerungen tun, ob ein Wagen 
hinlänglich sei, die Instrumente und sonstige Inventarienstücke 
nach Kassel zu schaffen. — Ich hätte nun wenigstens gewünscht, 
daß das, was trianguliert war, noch zu Papier gekommen wäre, und 
habe natürlich meiner Pflicht gemäß die Gründe auseinander 
gesetzt, die dieses plötzliche Abbrechen in jeder Hinsicht als be 
denklich darzustellen schienen, wozu besonders der gehört, daß in 
dem kupierten Terrain, worin die größte Zahl meiner Detail- 
Dreieckspunkte liegt, eine Menge leichter, für 1 oder l!4 Jahr 
berechneter Signale umherstehe, so daß diese Arbeit fürs Detail 
ganz verloren wäre; darauf ist aber der wiederholte Befehl er 
gangen, daß alle dahingehörigen Arbeiten sofort eingestellt werden 
sollten; zugleich wurden meine Militärgehülfen in ihre Garnison 
zurückkommandiert. Mir blieb also nichts übrig, als das traurige 
Auflösungsgeschäft. Ich ließ noch die nötigen Listen, Karten usw. 
anfertigen, und habe heute meinen Generalbericht, begleitet mit 
den datis zum Aufträgen von Detailpunkten für 16 Meßtisch 
blätter, welche den südwestlichen Teil von Hessen umfassen, und 
einer Uebersichtskarte, in welcher diese zusammengestellt sind, 
abgesendet, meinen Gehülfen die mir zugesandte letzte Gratifikation 
ausgezahlt und sie förmlich entlassen, erwarte nun auch dieser 
Tage den Wagen zum Abholen der Instrumente (!). 
Daß mir alles dies nicht gleichgültig ist, erachten Sie leicht. 
Die Beweggründe, worauf dieser Beschluß beruht, sind mir aber 
unbekannt, und ich bescheide mich auch gern, sie nicht beurteilen 
zu können, sondern tröste mich mit dem Gedanken, daß ich mir 
fürwahr keinen Vorwurf zu machen habe. — Das Traurigste ist 
mir die Situation der armen Gehülfen. Der gute Hilgenberg, der 
von jeher so viel wissenschaftlichen Eifer zeigte und im Beobachten 
sowohl als auch im Rechnen wahrhaft brauchbar ist, wird von 
heute an wieder brotlos, und hat die traurige Aussicht, es noch 
geraume Zeit zu bleiben, da es ihm an allen Konnexionen fehlt; 
die beiden andern Gehülfen, die ich hier habe, machten die Sache 
bis jetzt größtenteils als Volontärs gegen eine geringe Gratifikation 
mit, in Hoffnung, sich Empfehlung dadurch zu verschaffen, setzten 
dabei ihr weniges Vermögen noch zu, und fragen mich nun mit 
Tränen um Rat wegen ihres künftigen Schicksals. — Daß ich es 
an Fürsprache nicht habe fehlen lassen, erachten Sie leicht, aber
	        
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