Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

Sie nahmen vor beinahe 2 Jahren freundschaftlichen Anteil 
an einem als nahe bevorstehenden Rufe nach Berlin, den die vor 
laute Fama damals als schon erfolgt präkonisierte. Schon 2 Jahre 
früher waren mir deshalb die ersten Eröffnungen gemacht. Ich hahe 
mich dabei lediglich passiv verhalten, so sehr meine Lage einer 
Verbesserung bedürftig war. Allein so langsam verfuhr man in 
B [erlin] und so sehr hatte man kleine Hindernisse die Sache verzögern 
lassen, daß ich erst gegen die Mitte des Dezembers v. J. die Vokation 
wirklich erhielt, die ich ablehnen mußte, da ich kurz vorher von 
unserer Regierung eine sehr bedeutende Verbesserung meiner Lage, 
mit ebensoviel Liberalität als Delikatesse, erhalten und dankbar 
anerkannt hatte. Ob die Sache einen andern Ausgang genommen 
hätte, wenn ich den Ruf nur wenige Wochen früher erhalten hätte, 
muß ich jetzt dahingestellt sein lassen; auch bitte ich, das Vor 
stehende nur wie eine vertrauliche Mitteilung zu betrachten, deren 
nähere Details sich nicht wohl für einen Brief eignen würden. 
Ich habe in diesem Briefe, wie ich sehe, nur von mir und meinen 
Angelegenheiten gesprochen. Aber sehnlichst verlangt mich, recht 
bald etwas von Ihnen zu hören, von Ihrem Befinden, von Ihrer 
Familie, von Ihren Messungen und ob Sie Hoffnung haben, solche 
im nächsten Sommer wieder anknüpfen zu können. Erfreuen 
Sie damit bald 
Ihren stets treu ergebenen 
C. F. Gauß. 
Nr, 171. [Gerling an Gauß.] 
Marburg, den 9. Febr. 1825. 
Recht herzlich hat mich Ihr lieber Brief vom 27. Jan. erfreut, 
und ich eile, Ihnen den aufrichtigsten Dank dafür zu sagen. 
Was zuerst das Befinden Ihrer lieben Frau betrifft, so brauche 
ich wohl nicht erst zu sagen, wie innigen Anteil wir an ihrem Leiden 
genommen haben. Sehr beruhigte uns ein Brief, womit Ihre Frau 
Schwiegermutter mich im verflossenen Herbst beehrte, und worin 
schon die erfreuliche Nachricht enthalten war, daß die Veränderung 
des Arztes gleich anfangs sich günstig gezeigt hatte. Erst jetzt aber, 
da diese Besserung sich seit der Zeit ständig bewährt hat, sind wir 
ganz beruhigt, und wünschen nur, daß die Nachwehen der fatalen 
Masern, die dabei gewiß mehr wie je störend einwirkten, sich auch 
bald gänzlich verlieren mögen. 
Was Sie mir von Josephs Antritt einer neuen Laufbahn 
schreiben, freut mich auch. Er war, als ich ihn zuletzt sah, wie es 
schien, noch gar nicht mit sich auf dem reinen, versprach mir, 
bald einmal über seinen künftigen Lebensplan zu schreiben, und 
ging, wie mir nachher die Großmutter vertraute, mit juristischen
	        
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