Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

— 323 — 
meine Frau, welche Sie gar zu gern nach Ehren und Würden 
empfinge, mit der Betrachtung, daß Ihnen seit den letzten Reise 
jahren wohl mancherlei graue Stübchen vorgekommen sein 
möchten, die dem unsrigen parallel zu taxieren wären. Wir haben 
nun gestern ordentlichen Rat gehalten und gefunden, daß, wenn 
Sie vorlieh nehmen wollen, sich alles recht hübsch machen läßt 
und für uns alle, inklusive einiger Verwandten, die hei uns ab 
treten wollen, in unserm Hause ordentlich Platz ist. Wenn Sie also 
dies kaum anbietenswürdige Arrangement annehmen wollen, was 
uns unendlich erfreuen würde, so haben Sie wohl die Güte, mir 
ein paar Worte zu schreiben. Freilich müssen Sie dann auf ein 
freundliches Gesicht mehr sehen als auf freundliche Möbel, 
Tapeten usw. Wollen Sie aber das nicht annehmen, so müssen wir 
uns bescheiden; ich würde aber sodann die Pflicht erfüllen, 
Ihnen ein anderweitiges Logis vorher auszumachen, und würde 
auch auf diesen Fall um ein paar Worte Nachricht bitten. 
Nur um das eine bitte ich noch, richten Sie sich doch womög 
lich so ein, daß Sie nicht allzu kurz hier sind, sondern vor oder 
nach dem Jubiläum doch ein paar Tage Ihres Lebens hier noch in 
aller Ruhe froh werden können (während des Jubiläums selbst 
wird es wohl ein wenig bunt zugehen). Es ist hier in Marburg 
wirklich Gelegenheit, unter fröhlichen Menschen fröhlich zu sein 
und wünschte ich, Sie machten davon Gebrauch. 
Ihrer lieben Frau, der Schwiegermutter, Mutter, Minchen, 
Wilhelm und Therese, die mir alle hei meinem neulichen Auf 
enthalt Liehe und Freundschaft zu erweisen wetteiferten, meine 
herzlichsten Empfehlungen. Auf den Fall, daß Sie bei der Ankunft 
dieses Briefes noch nicht in Göttingen sein sollten, bitte ich ins 
besondere Minchen, die doch wohl am wenigsten dadurch beschwert 
sein wird, mir mit zwei Worten die Ankunft desselben zu melden. 
Von uns schreibe ich heute weiter nichts, als daß wir gottlob 
im allgemeinen gesund sind, auch mir die Reise sehr wohl getan 
hat. Alles übrige mündlich. 
Mit unveränderter Ergebenheit der Ihrige 
Gerling. 
Nr. 176. [Gauß an Gerling.] 
Göttingen, den 19. Julius 1827. 
Wie innig ich es bedauert habe, von Ihnen hier verfehlt zu 
sein, brauche ich Ihnen, mein teuerster Gerling, nicht zu sagen. 
Ich hätte allerdings Ihren vorletzten Brief erst noch vor meiner 
Abreise beantworten sollen; daß es nicht geschehen ist, kann ich 
nur durch das damalige Drängen der Geschäfte erklären. Früher 
hatte ich mir wohl die Möglichkeit, Ihrer so freundlichen Ein 
ladung zum Jubelfeste zu folgen gedacht, wobei ich — ich weiß 
21*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.