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Nr. 222, [Gauß an Gerling.]
Göttingen, 19. Jul. 1833.
Wertester Freund,
von den Messungsarbeiten meines Sohnes, welche dieser seit dem
1. d. M. angefangen hat, sind mir erst heute die ersten Nachrichten,
welche sehr unerfreulicher Art sind, zugekommen. Sie bestehen in
zwei Briefen desselben an den Herrn Hauptmann Müller, welche
dieser mir mit dem Wunsche zugeschickt hat, Ihre Interzession
dabei anzusprechen. Da hei jedem Geschäfte, welchem das Personal
sich nur während einiger Monate widmen kann, jeder Tag kostbar
ist, so schicke ich Ihnen, um nicht einen Posttag zu verlieren, jene
Dokumente selbst zur Ansicht und erbitte mir solche bald zurück,
da ich wegen der Eile von dem übrigen Inhalt selbst nur erst
flüchtige Notiz habe nehmen können. Durch ein gleichzeitig ein
gegangenes Schreiben des Hrn. Geheimen Kabinettsrats Hoppen-
staedt bin ich übrigens benachrichtigt, daß unser Ministerium,
welchem Hr. H[auptmann] Müller jene Vorgänge angezeigt hatte,
bereits das Ihrige um die angemessenen Verfügungen ersucht hat,
inzwischen wird Ihre Verwendung zur Beschleunigung und wegen
einiger von H[m]. H[auptmann] Müller berührter Nebenpunkte
doch nicht überflüssig sein, zumal da niemand besser als Sie
Zeugnis geben kann, wie wir unsererseits den Hessischen Messungen
gegenüber verfahren sind, sowie auch von welchem großen Nutzen
und Kostenersparung es für Ihr Kurfürstentum sein wird, wenn
einmal die 1823 angefangenen Messungen fortgesetzt und vollendet
werden sollten, in der isolierten Grafschaft Schaumhurg schon in
einem oder einigen Punkten die Einreihung in das große System
fertig vorzufinden.
Sehr schmerzhaft ist mir Ihre Antwort auf meine Bitte, mich
von Kassel aus einmal auf ein paar Tage hier zu besuchen, gewesen.
Ich kann noch nicht von der Ansicht zurückkommen, daß gerade
die Menge Ihrer dortigen Arbeiten, von denen gestern Hr. Prof.
Ettinger aus Heidelberg Zeugnis gab, ein Grund mehr sein sollte,
zu Ihrer Erholung einmal ein paar Tage sich herauszureißen. Als
einen freilich nur sehr unvollkommenen Ersatz wäre ich allerdings
geneigt, einmal zu einem Rendezvous auf einige Stunden nach
Münden zu kommen. Nur ist bei mir mein häufiges anhaltendes
Übelbefinden eine Bedenklichkeit dagegen, einen Tag etwas länger
vorher im voraus zu bestimmen, sonst würde ich vorläufig d. 28. d.
andeuten. Möchten Sie aber nicht anstatt zu reiten, lieber Ihre
Kinder, welche dann vermutlich bei Ihnen sind, in einem Wagen
mitbringen, unter welcher Voraussetzung ich dann auch Thereschen
mitbringen würde. Uebrigens bin ich selbst seit 1810 nicht in
Münden in einem Gasthofe gewesen und weiß auch nicht, in
welchem man gewöhnlich abzusteigen pflegt.