Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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Leider sind die Nachrichten von meiner Tochter aus Eger 
nicht gut. Das Trinken des Brunnens bekäme ihr nicht und baden 
dürfe sie gar nicht. Ebenso drückt mich wieder das Verhältnis 
meines jüngsten Sohnes u[nd] das Gefühl meiner Ohnmacht, etwas 
Wirksames dabei zu tun. Verschiedene von meiner Seite gemachte 
Versuche haben zu gar nichts oder doch nicht zu etwas Annehm 
lichem geführt. Sollten die vielen Berührungen, in welche Sie 
durch Ihre jetzige Stellung mit Landwirten und Gutsbesitzern 
kommen. Sie eine Gelegenheit bemerken lassen, zur Erreichung 
jener Wünsche behülflich zu sein, so darf ich mich der Hoffnung 
überlassen, daß Sie dabei meiner eingedenk sein werden. Übrigens 
ist mein Sohn an seinem jetzigen Aufenthalt bei Administrator 
Jessen in Deidersen bei Hameln sehr zufrieden, nur gibt diese 
Stellung ihm nicht genug Spielraum zu eigner verantwortlicher 
Tätigkeit. 
Daß ich im Irrtum gewesen sei, indem ich Ihre Feder zu 
erkennen glaubte, scheint doch nicht; ich dachte bei dieser Äuße 
rung zunächst nur an einen Aufsatz, der, soviel ich mich erinnere, 
etwa Anfang Mai in einer Beilage der Kasseler Zeitung ent 
halten war. 
Ich habe dieser Tage die Schrift Ihres Kollegen Jordanf 1 ] 
gegen Mackeldey durchgeblättert und erst dadurch einen Begriff 
von der leidenschaftlichen Art, wie die Fragen behandelt sind, 
bekommen. Um so mehr Bewunderung verdient der, 
qui potuit tantos componere fluctus. 
In der Hoffnung, Sie bald, am liebsten- in Göttingen, zu sehen 
und so vielerlei mit Ihnen zu besprechen 
der Ihrige 
C.F.G. 
Nr, 223, [Gauß an Gerling.] 
[Ohne Datum.] 
Zuvörderst, mein teuerster Freund, meinen verbindlichsten 
Dank für Ihre gütige Verwendung wegen der Messungen. [ 2 ] 
t 1 Jordan, Sylvester, geb. 1792, gest. 1861, seit 1822 Professor der Rechte in 
Marburg, einer der leidenschaftlichsten Vorkämpfer für eine konstitutionelle Regierungs 
form. Seine politische Stellungnahme trug ihm 1839 Suspension von seinem Amte und 
Gefangensetzung auf dem Marburger Schloß ein; 1843 wurde er wegen Hochverrats zu 
5 Jahren Festung und Amtsentsetzung verurteilt; 1845 wurde er vom Ober-Appellations- 
Gericht freigesprochen, 1848 die Amtsentsetzung rückgängig gemacht. (Vergl. hierzu 
Brief Nr. 350, S. 715.) Die im Text genannte Schrift führt den Titel; „Aktenstücke über 
die Frage, ob der § 71 der kurhessischen Verfassungsurkunde auch auf den Abgeordneten 
der Landesuniversität anwendbar sei.“ (Offenbach 1833.) Sie war eine Erwiderung auf 
eine fast gleichlautende Schrift Mackeldeys. Der § 71 der Verfassung bestimmte, daß 
ein Beamter ein Landtagsmandat nur mit Zustimmung der Behörde annehmen dürfe.] 
[ 2 Hier fehlt offenbar ein Brief Gerlings, der darauf Bezug hat.]
	        
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