Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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Dann die Anzeige, daß ich beschlossen habe, nächsten Sonntag, 
Jul. 28, mit Therese nach Münden zu kommen. Ich meine, daß 
wir etwa gegen 11 Uhr dort eintreffen werden. Es soll mir recht 
lieb sein, wenn Sie, da Sie wegen der geringeren Entfernung ohne 
hin früher dort sein können, vorher Quartier machen: allein, wo 
finde ich Sie? Vor 35 Jahren als Studiosus hin ich in einem jen 
seitigen, d. i. zwischen Münden u[nd] Kassel liegenden Wirtshause, 
vor 23 Jahren in einem auf einer Weserinsel, dem Freitagswerder, 
abgestiegen. Wahrscheinlich existieren beide gar nicht mehr. Ihr 
jenseitiges, ohne Zweifel zwischen Münden u[nd] Dransfeld, ist mir 
unbekannt, aber doch gewiß an der Straße liegend. Fände ich bis 
zum Tore weder Sie noch Nachricht von Ihnen, so würde nichts 
übrig bleiben, als in der Stadt ein Wirtshaus zu suchen; ich meine 
gehört zu haben, daß eines „die Krone“ heißt. 
Nr, 224, [Gauß an Gerling.] 
Göttingen, den 16. August 1833. 
Teuerster Freund! 
Gewohnt, in meinen leider mich nie zur Ruhe kommen 
lassenden Bekümmernissen an Ihnen stets einen teilnehmenden 
Freund und einen treuen Ratgeber zu finden, teile ich Ihnen auch 
die gestern angelangte Einlage mit. Möchte es mir doch beschieden 
sein, Ihnen einmal mit Erfolg beweisen zu können, wie glücklich 
ich sein würde, mich Ihnen dafür tätig dankbar zu zeigen. 
Über die Sache selbst kann ich, zumal eben jetzt in einem 
Gewirr von mannigfaltigen Geschäften, noch selbst zu keiner be 
stimmten Ansicht kommen, und mit den sich unreif in meinem 
Kopfe kreuzenden Gedanken will ich Ihrem unbefangenen Urteil 
nicht vorgreifen. Wenn ich bloß hinzusetze, daß W[ilhelm] in 
einem vor etwa vier Wochen erhaltenen Briefe noch keine Spur 
von diesem Gedanken äußerte, sondern von den dortigen Ver 
hältnissen, in Deidersen bei Hameln, rühmte, daß sie sehr an 
genehm seien und ihm jetzt auch viel Gelegenheit in seinem Fache 
zuzulernen darböten, so kennen Sie alle Umstände ebenso voll 
ständig wie ich selbst und haben außer Ihrer viel großem Er 
fahrenheit im wirklichen Leben vor mir voraus, daß Sie ganz 
unbefangen urteilen können. Was ich gegen das Forstfach habe, 
ist 1.) die geringe Aussicht, es, ich will nicht sagen, zu einem an 
gesehenen Posten, sondern zu irgend etwas hei uns zu bringen. 
Namentlich sagte mir Hr. Prof. Ribbentrop (wenn ich nicht 
irre, ehemals in Kassel Ihr Schüler), dessen jüngster Bruder auch 
als ein pis — aller dieses Fach ergriffen hat, vor einem halben 
Jahre, daß die Ueberfüllung hier außerordentlich und es schon 
äußerst schwer sei, nur überhaupt in die Karriere durch Eintritt
	        
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