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wollten, wie ich mich mit den Gehiilfen, die ich habe und hoffent
lich noch anwerbe, am zweckmäßigsten zu verhalten habe.
Der gestrige magnetische Termin ist unter Fliedners u[nd]
Hartmanns Aufsicht observiert und wird Ihnen H[ artmann] die
Resultate schicken, sobald sie redigiert sind. — Wegen des Tags, auf
den der Novembertermin verlegt wird, erwarten wir weitere Ordre.
Sehr interessant war es mir, an dem letzten Sonnabend noch
verschiedenes über die Mondserscheinung von Ihnen zu hören, und
ich mußte nur bedauern, daß Zeit und Umstände nicht erlaubten,
die Materie weiter zu verfolgen. — Im wesentlichen glaubte ich
darin eine Bestätigung eines Satzes zu finden, den ich seit vielen
Jahren lehre. Ich glaube nämlich, daß es eine einseitige Ansicht
ist, wenn man eine Ursache oder ein Mittel angibt, wodurch die
Natur uns instand gesetzt hat, Entfernungen aus einem Punkt zu
beurteilen; daß es vielmehr eine große Mannigfaltigkeit solcher
Mittel gibt, die sich untereinander ergänzen und füreinander nach
den Umständen vikariieren; unter diesen Mitteln nehmen nun
meines Erachtens die physiologischen, die ich nicht gehörig berück
sichtigt glaube, einen vorzüglichen Rang ein. So also z. B. das von
Ihnen damals zur Sprache gebrachte Bewußtsein der Punkte der
retina, welche affiziert werden. — Aber noch ein anderes scheint
mir, besonders nach einigen Versuchen an gesunden Weitsichtigen,
Kurzsichtigen und Einäugigen, sehr wichtig dabei. Wenn wir die
Augen zusammenbringen oder auseinanderdrehen, um die Gesichts
achsen in dem zu sehenden Punkt sich kreuzen zu lassen, so be
wegen wir die Achsen nicht in der Ebene des Winkels, den sie eben
haben, sondern sie gehen aufwärts, wenn sie auswärts, abwärts,
wenn sie einwärts gedreht werden. Es kommt also eigentlich
zwischen diesen beiden Achsen und einer mit dem Knochenbau
zusammenhängenden dritten Achse (z. B. Rückgrat oder Achse des
Kopfes etc.) eine dreiseitige Pyramide zur Betrachtung, deren
ebene Winkel durch das Muskelspiel, welches die Augen dreht, ab
geändert werden und deren ganze Stellung gegen die Vertikallinie
nun auch wieder sich ändern kann. — Dieses berücksichtigend, war
mir Ihre Bemerkung, daß man den ganzen Körper in eine schiefe,
auf die Gesichtslinie zum (hochstehenden) Mond senkrechte Lage
bringen müsse, um einen Eindruck zu haben, welcher mit dem
andern ganz kommensurabel sei, doppelt interessant.
Doch ich bemerke, daß ich länger schreibe, als ich mit gutem
Gewissen Ihre Geduld in Anspruch nehmen darf. Deshalb schließe
ich hier mit Wiederholung meines herzlichsten Dankes und den
besten Empfehlungen an die Ihrigen, besonders die gute Therese,
die meinethalben sich so viel Mühe gemacht hat.
Ihr
Gerling.