Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

damit abgegeben und wir haben von Zeit zu Zeit unsere meletemata 
verglichen. Die Sache scheint aber sehr viel tiefer zu liegen, als ich 
früher vermutete und mag vielleicht dem Euclid schon Kopf 
brechen gemacht haben. — Doch aber sagt mir ein dunkles Gefühl, 
daß hier noch irgend ein Lehrsatz verborgen liegen muß, der, wenn 
er einmal gefunden ist, durch seine Einfachheit vielleicht über 
rascht. — Vor einem Jahr hatte ich mir auch noch nicht möglich 
gedacht, daß der Satz von den symmetrischen Körpern am Ende so 
überraschend einfach werden würde, wie ich ihn neulich über 
schrieb. 
Einen kleinen hübschen geometrischen Lehrsatz habe ich da 
gegen erst gestern von Stegmann gelernt, den ich Ihnen doch mit- 
teilen will. Mir war er neu und St[egmann] hat ihn auch nirgend 
auffinden können. 
Wenn man in einem geradlinigen gegebenen Kegel beliebige 
Parabeln schneidet und dieselben alle orthographisch auf die 
Grundfläche projiziert, so sind die Projektionen selbst wieder 
Parabeln, welche einen gemeinschaftlichen Brennpunkt im Mittel 
punkt der Grundfläche haben. 
Endlich lege ich Ihnen als „gedruckte Sache“ noch ein Pro 
gramm von Burhenne f 1 ] bei, was mir dieser Tage zugeschickt 
wurde. Ich muß gestehen, daß ich die Sache nicht recht verstehe 
und noch weniger absehe, inwiefern der Satz von so großer Wichtig 
keit ist. — Sie würden mich verpflichten, wenn Sie mir gelegentlich 
Ihr Urteil über die Sache mitteilten. 
Von Herzen der Ihrige 
Gerling. 
P. N. Sollten Sie Hermann[ 2 ] oder Siebold[ 3 ] etwa sehen, so 
erzählen Sie ihnen doch, daß ich den nun endlich befreiten 
Jordan[ 4 ] gestern zum erstenmal seit 5% Jahren wieder gesprochen. 
Er ist geistig nach wie vor der Alte, aber körperlich so zusammen 
gebrochen, daß ich sehr fürchte, er werde seine Befreiung nicht 
lange überleben. 
Nr. 351. [Gerling an Gauß.] 
Marburg, d[en] 26. Juni 1845. 
abgeschickt erst d[en] 28. 
Anbei erhalten Sie, hochverehrter Freund, unsere magnetischen 
Beobachtungen des letzten Termins. Wenn mich mein Gedächtnis 
C 1 Burhenne, Georg Heinrich, geh. 1805, gest. 1876; Lehrer der Mathematik a. d. 
Gewerbeschule in Kassel.] 
[ 2 Hermann, Karl Friedrich, geh. 1804, gest. 1855; 1832 Professor d. klassischen 
Philologie a. d. Universität Marburg, 1842 desgl. in Göttingen.] 
[» Vgl. Brief Nr. 220, Anm. 1 auf S. 409.] 
[ 4 Vgl. die Anmerkung 1 zu Brief Nr. 222, S. 412.]
	        
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