Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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ein anderes Porträt gesehen habe, obwohl der hiesige Künstler viel 
feiner arbeitet als z. B. in Hannover, Berlin u[nd] Hamburg ge 
schieht), was mir einen angenehmen Eindruck gemacht hat. Es ist 
darin keine Spur mehr von seiner frühem Kopflosigkeit. 
Jetzt noch ein paar Worte über die zu Anfang dieses Briefes er 
wähnte Arbeit. [ x ] Sie betrifft die hiesige Professoren-Witwen-Kasse, 
wo vor einem Jahr die Anzahl der Witwen so sehr gestiegen war 
(auf 22), daß die Einnahmen nicht mehr zureichten, die Pensionen 
zu bestreiten, zumal da sich andere Adversitäten damit verbinden, 
langwierige Prozesse, wobei alle Zinsen aushleiben u[nd] dagegen 
bedeutende bare Prozeßkosten zu tragen sind — und daß daher 
Besorgnisse rege wurden. Ich habe diese Besorgnisse insoweit nicht 
geteilt, daß ich der jetzigen großen Zahl der Witwen (die sich auch 
seitdem um 3 verringert hat) ein überwiegendes Gewicht beigelegt 
hätte, wogegen ich aber eine viel größere Gefahr in der jetzigen 
unverhältnismäßig großen Zahl der Teilnehmer sehe (50 oder 51, 
während vor einigen Dezennien nur 30 oder wenig mehr waren). 
Die Kasse subsistiert nämlich fast allein von ihrem Vermögen, indem 
die Beiträge ganz unbedeutend sind (10 Taler jährlicher Beitrag, 
250 Taler jährliche] Pension, beides Gold). Dazu kommt eine un 
klare Fassung eines höchst wichtigen Teils der Statuten, denen man 
eine, meinem Urteil nach, höchst unverständige Interpretation in 
praxi gegeben hat. Ich habe nun vor mehreren Monaten den Auf 
trag erhalten, den Zustand gründlich zu untersuchen, was meiner 
Überzeugung nach anders nicht geschehen kann, als daß man die 
3 Arten der Verbindlichkeiten der Kasse, nämlich: 1.) gegen die 
jetzt vorhandenen 19 Witwen, 2.) gegen die etwaigen Relikten der 
jetzigen 51 Mitglieder, 3.) gegen die Relikten aller künftig beitreten 
den zu Gelde anschlägt u[nd] mit dem Vermögen bilanziert. Ganz 
besonders schwierig (d. i. langwierig) ist die Rechnung 2), und es 
ist damit gar nicht durchzukommen, als vermittelst einer Hülfstafel 
für eine Verbindungsrente, in welcher volle Jahresunterschiede 
und Jahre zum Grunde gelegt. Die Konstruktion einer solchen 
Hülfstafel Altersunterschied, — 1 -f- 20 und Alter vom 
höchsten bis 20 Jahr zurück, alles durch einzelne Jahre und nach 
2 Zinsfüßen, 4 % u[nd] 3% %, u[nd] zwar nach Brünes Mortalitäts 
tafel, habe ich nun angefangen und beinahe vollendet, nachdem 
ich seit etwa 1 Monat fast meine ganze Zeit darauf gewandt habe. 
An sich ist eine solche Arbeit, über 100 000 Ziffern (nach meiner 
Art zu schreiben, wo die Hälfte oder mehr im Kopfe gerechnet 
wird) erfordernd, eine für den Geist höchst langweilige, ich habe 
mich aber doch unterzogen in Betracht der Nützlichkeit der Arbeit, 
wozu sie eine Vorbereitung ist, für die Universität, der ich meine 
Stellung im Leben verdanke, obwohl ich allerdings gar nicht auf 
Dank, sondern nur auf Verdruß dafür zu rechnen habe. 
t 1 Siehe Gauß’ Werke, Bd. IV, S. 119 ff.]
	        
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