Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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Nr, 355, [Gerling an Gauß.] 
Marburg, d. 18. Dezbr. 1845. 
Endlich kann ich Ihnen, hochverehrter Freund, die magneti 
schen Beobachtungen des letzten Termins senden. Im allgemeinen 
darf ich wohl hoffen, daß sie mit Sorgfalt angestellt sind. Nur das 
ist ärgerlich, daß gerade an der interessantesten Stelle, Sonnabend 
abend eine Lücke sich findet, die das Maximum verloren machte. 
Der junge Mann hatte sich dadurch, daß der durch den Licht 
schirm sichtbare Skalenteil ihm vom Faden ganz wegrückte, nicht 
zu der leichten Verschiebung des Schirms bestimmen lassen, weil 
er zum erstenmal bei Licht arbeitete und eine deutliche Vorstellung 
davon noch nicht hatte; er hatte aber im Hause Lärm gemacht 
(während ich selbst in einer Sitzung abwesend war), und es war 
von meiner Familie ein anderer, Hr. Süß, zu Hülfe gerufen, so 
daß doch nur 3 Beob[achtungen] verloren gingen. — Die Uhr war 
diesmal deshalb mehr als gewöhnlich abweichend von Göttinger Zeit 
(=Marburger -f-5' 42")» weil ich seit langer Zeit keine Zeit 
bestimmung hatte machen können, teils durch schlechtes Wetter, 
teils durch Unpäßlichkeit verhindert. Die Bemerkung gibt die 
nachträgliche Korrektion. 
Weiteres Wissenschaftliches kann ich leider nicht mitteilen. 
Ich habe den Winter fast ununterbrochen für meine Vorlesungen 
und sonstige laufende Geschäfte zu tun gehabt und bin zu einiger 
selbständigen Tätigkeit eigentlich nicht gelangt, mitunter auch, 
aufrichtig gesagt, nicht aufgelegt gewesen, aufgeregt durch die 
mancherlei Dummheiten, die ich ultra et citra machen sah. 
Was mich betrübt, ist, daß nach einer von Perthes erhaltenen 
Notiz meine Ausgleichungsrechnung viel weniger von den prak 
tischen Geometern gekauft wird, als ich gehofft hatte. — 
Inzwischen sehe ich in diesen Tagen, daß ein Hr. Fischerf 1 ] 
in Darmstadt ein Lehrbuch der höheren Geodäsie herauszugeben 
anfängt, deren erster Teil die Ausgleichungsrechnung enthalten soll. 
Nachdem er mir ein Weihrauchfaß unverschämt um die Ohren 
geschlagen, beginnt er den größten Teil seines Buches aus meinem 
Buche, besonders aber aus dem Aufsatz von Encke im Astro 
nomischen Jahrbuch, zusammenzuschreiben. 
Ich weiß nicht, ob ich Ihnen im letzten Briefe schon gemeldet 
habe, daß mein Sohn am 10. Septbr. glücklich promoviert hat 
und füge in Ermanglung einer andern „gedruckten Sache“ ein 
Exemplar seiner Dissertation[ 2 ] bei. — Mit größter Freude erhielt 
t 1 Fischer, Johann Philipp, geh. 1818, gest. 1887; Lehrer d. Mathematik u. Geo 
däsie a. d. Gewerbeschule in Darmstadt. Sein „Lehrbuch d. höheren Geodäsie“ er 
schien 1845/46.] 
[ 2 Ohr. L. Gerling, „Hypogastrodidymus in anatomia Marburgensi servatus tractatur 
et tabula lithographica illustratur“. (Marburg 1845, Elwertsche Buchhandlung.)]
	        
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