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durch Addition der linken und rechten Seiten bei solchen Formen,
daß in der Additionsgleichung noch beide Yariabele Vorkommen,
gibt nicht einen festen Wert für die Yariabelen als Unbekannte,
sondern eine Gleichung, welche nach dem Gesetz der Gleichung
der einen oder der anderen Unbekannten Spielraum läßt, also
nicht ein Schnittpunkt, sondern eine Linie. Die beiden zu den
Achsen parallelen Geraden x = 2 und y = 3 geben als Schnitt
punkt den festen Punkt 2 ; 3; durch Addition aber xy — 5
, x i V -i
oder — 4- ~r — 1.
o 1 5
Dies ist eine Gerade, die auf den Achsen 5
und 5 abschneidet und durch den Punkt 2; 3 geht (es hat der
laufende Punkt x; y unter unzähligen auch das Wertepaar 2 und 3).
Welche aber von den unzähligen durch diesen Punkt 2 ; 3 gehenden
Geraden wir erhalten, daß hängt von der Form ab, in der wir
die beiden Gleichungen zueinander addieren.
Es könnte sein, daß zwei Linien geometrisch überhaupt keinen
Schnittpunkt haben, z. B. zwei Kreise (die man, wie wir sehen
werden, ebenfalls durch Gleichungen darstellen kann), dann er
geben sich bei der Vereinigung durch Substitution oder überhaupt
der sog. Lösung beider Gleichungen mit zwei Unbekannten imagi
näre Werte. Man pflegt darum auch von einem imaginären
Schnittpunkte zu sprechen, wenn in Wahrheit geometrisch
kein Schnittpunkt vorhanden ist. Wie wir immer betonten, hat
nicht jede Gleichung in jeder Beziehung einen geometrischen
Sinn, man mußte vielmehr meist noch Anschauliches hinzufügen.
In diesem Falle versagt das Räumliche oder wir haben den Fall
vor uns, daß die arithmetischen Gebilde ihrerseits Bedeutungen
haben, welche dem Raume nicht zukommen. Man sollte dann
nicht ohne weiteres das räumliche Wort Schnitt
oder Punkt gebrauchen, aber man braucht auch
nicht den Vergleich mit der Geometrie ganz auf-
zugeben, da die Gleichungen in anderen Bezie
hungen räumlich auslegbar und nicht bloße arith-