Full text: Einführung in die Grundlagen der Geometrie (1. Band)

Berechtigung der nicht-euklidischen Raumformen. 
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eine Ausnahme, wenn die beiden Punkte Gegenpunkte sind. Man 
kann sich hiervon in etwa unabhängig machen, wenn man die 
Betrachtung auf eine Kalotte einschränkt, welche kleiner ist als 
die krumme Fläche einer Halbkugel. Durch zwei Punkte eines 
solchen Flächenteiles geht immer eine einzige Hauptlinie. Daher 
kann man diejenigen Sätze aus Euklids Planimetrie vollständig 
übertragen, bei deren Beweis die Unendlichkeit der Geraden weder 
direkt noch indirekt benutzt wird. Hieraus ergeben sich un 
mittelbar Sätze über die Kongruenz der Dreiecke, über das gleich 
schenklige Dreieck, namentlich auch über den Kreis. 
Im übrigen möchten wir noch folgende Sätze der Sphärik 
besonders hervorheben: Zwei beliebige Hauptlinien schneiden ein 
ander; zugleich giebt es eine dritte Hauptlinie, welche auf beiden 
senkrecht steht. Die Summe der Winkel eines Dreiecks beträgt 
mehr als zwei Rechte, nähert sich aber zwei Rechten um so mehr, 
je kleiner der Inhalt ist. 
Wir werden hierdurch darauf geführt, die Frage zu stellen: 
Ist die Unendlichkeit der Geraden durch die übrigen von ihr 
vorausgesetzten Eigenschaften gefordert, oder zeigt uns wenigstens 
die Erfahrung, dafs die Gerade (und damit der Raum) unendlich 
ist? Dals der erste 1 eil der Frage verneint werden mufs, legen 
uns die angeführten Sätze der Sphärik schon nahe, soll aber in 
den folgenden Paragraphen noch genauer bewiesen werden. Was 
den zweiten I eil betrifft, so erinnern wir uns, dafs unsere Er 
fahrung immer nur auf ganz kleine Gebiete beschränkt ist und 
dafs wir den aus zahlreichen Beobachtungen geschöpften Wahr 
nehmungen unwillkürlich allgemeine Gültigkeit beilegen. Wa 
lnüssen aber bedenken, dafs unsere genauesten Beobachtungen 
auf der Erdoberfläche vor sich gehen, dafs also z. B. das, was 
wir als eine Gerade betrachten, im günstigsten Falle ein Stück 
eines Hauptkreises der Erdkugel ist. 
Wie wir uns in den letzten Paragraphen vom elften Axiom 
Euklids unabhängig gemacht haben, müssen wir jetzt prüfen, ob 
seine Annahme, dafs die Gerade unendlich sei, im Wesen der 
geraden Linie ihren Grund findet.
	        
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