§ 27. Projektivität und Metrik.
247
Zwar überzeugt er sich allmählich, dafs auch die neuen Koordi
naten ein ganz geeignetes Werkzeug zur Untersuchung des Raumes
abgeben; auch mufs die Symmetrie der Formeln ihn bald die
neue Behandlungsweise liebgewinnen lassen; namentlich mufs er
bald das Übergewicht der neuen Methode in den allgemeinen
Resultaten erkennen, die jedesmal durch Specialisierung zu einer
grofsen Reihe von Einzelsätzen führen. Dennoch wird der Anfänger
vielleicht nicht so bald zur vollen Klarheit über den wahren Grund
für die Einführung dieser Koordinaten kommen. Dieser liegt
darin, dafs die Cartesischen Koordinaten die unendlichferne Ebene
vor den übrigen Ebenen bevorzugen und daher in alle rein pro
jektiven Untersuchungen ein fremdes Element hineinbringen, das
erst nachträglich wieder entfernt werden mufs. Die projektiven
Eigenschaften können nur dann auf direktem Wege erhalten wer
den, wenn man Tetraeder-Koordinaten benutzt.
Überhaupt darf man folgende Regel aufstellen. Wenn man
die Projektivität vermittelst der Analysis behandeln will, so ge
braucht man am besten Tetraeder-Koordinaten. Wenn man aber
umgekehrt auf alle metrischen Eigenschaften Rücksicht nehmen
will, so eignet sich vor allem das rechtwinklige Koordinatensystem
Descartes’; der Übergang von einem solchen System zu einem
andern derselben Art läfst sogar, falls man auch dieselbe Längen
einheit zu Grunde legt, alle metrischen Eigenschaften ungeändert.
Zuweilen will man aber nur einzelne Eigenschaften der Metrik
beachten und andere unberücksichtigt lassen; dann kann es von
Vorteil sein, andere Koordinaten zu benutzen. Wenn es sich
z. B. nur um die Längen von Strecken, aber nicht um die Gröfse
der Winkel handelt, so gewährt der Gebrauch schiefwinkliger
Cartesischer Koordinaten zuweilen beträchtlichen Nutzen; in dieser
Hinsicht sei an § 19 erinnert, wo wir mit Hilfe schiefwinkliger
Koordinaten die einzelnen Arten von Flächen zweiter Ordnung
leicht charakterisieren konnten.
Die Projektivität ist nicht nur an sich wichtig, sondern ge
währt auch der Metrik viele Vorteile. Schon der Umstand ist
nicht gering anzuschlagen, dafs metrische Sätze vielfach aus rein
projektiven durch blofse Specialisierung hergeleitet werden. Die
Theorie vom Mittelpunkte und den konjugierten Durchmessern
einer Fläche zweiter Ordnung bildet nur einen ganz speciellen