Astronomisches Fernrohr. 144 Astronomisches Fernrohr.
zwei Fixsterne, die Milliarden von Meilen gerade Linien, wie N”n", heifsen Neben
aus einander stehen. Alle diese ver- axen der Linse DE.
schiedenen Längen sieht der Leser aus Ein Kreis bei N von dem wirklichen
einerlei Punkt des Zimmers, in welchem Durchmesser DE, also der sehr weit ent-
sich eben sein Auge befindet, innerhalb
einerlei Höhe, welche die 16 Zoll aus
einander liegenden waagerechten Ränder
der Scheibe begrenzen; folglich sieht er
alle diese Höhen und Längen gleich lang,
nicht 16 Zoll, nicht 40 Fufs, nicht 200
Fufs, nicht Milliarden Meilen lang, sondern
als das gleich lange Bild auf der inneren
Netzhaut des Auges, in der sich die ge
nannten Gegenstände abspiegeln, indem
die beiden in senkrechter Ebene befind
lichen Lichtstrahlen, welche als gerade
Linien von dem oberen und dem unteren
Rande der Scheibe in dem Augenmittel
punkt Zusammentreffen, hier nach hinter
wärts bis zu der im Auge tiefer liegen
den Netzhaut kreuzweise sich verlängern,
auf welcher sie als Endpunkte das Bild
aller genannten Höhen und Längen be
grenzen, welches also nur einerlei Länge
und zwar eine nur sehr kleine Länge ha
ben kann.
Dafs wir die Längen der genannten
Gegenstände richtig würdigen, liegt in
unserer Vernunft, mit der wir die von
Kindesbeinen an gemachten Erfahrungen
uns unbewufst augenblicklich vergegen
wärtigen. Ein Kind greift nach dem
Monde, um daran zu lutschen, und es
erhält erst nach und nach, erst wenn es
Tausende von Malen nach Dingen ver
geblich gegriffen hat, Begriff von Ent
fernungen.
Ausgewachsene Thiere zeigen beim
Jagen nach Beute, und wenn sie ihren
Feind fliehen, in richtigem Sehen einen
hohen Verstand. Dafs aber die Sonne
20 Millionen Meilen entfernt ist und
194000 Meilen Durchmesser hat, glauben
viele, sonst ganz gescheute Leute nicht,
und es ist nicht zu verlangen, wenn sie
nicht gelernt haben, wie man es, oder
auch nur, dafs man es wissen kann.
Waren doch die jüdischen Propheten als
Weissager des Messias die weisesten
Männer ihres Zeitalters und hielten doch
den Mond für ein gröfseres Licht, als
alle Sterne zusammengenommen.
Jede biconvexe Linse, wie DE, hat
nun die Eigenschaft, dafs jeder Licht
strahl, der auf den Mittelpunkt C der
Linse trifft, ungeändert seine geradlinige
Richtung durch das Glas fortsetzt, woher
denn auch diese Linien Axen der Linse
genannt werden, und zwar ist die normal
auf den Durchmesser durch den Mittel
punkt C gerichtete Linie Nc die Haupt-
axe, alle übrigen durch C gerichtete
legene Punkt N selbst wirft nun nach
dem Objectiv DE ganz dicht neben ein
ander befindliche, mit der Hauptaxe NC
parallele Lichtstrahlen, und die Linse hat
die Eigenschaft, dafs sie jeden dieser un
endlich vielen Strahlen nach einem ein
zigen Punkt hin ablenkt, der hinter der
Linse liegt und der der Mittelpunkt der
Kugeloberfläche ist, nach welcher die
dem Punkt V zugekehrte Fläche, die
Vorderfläche oder Aufsenfläche,
der Linse gekrümmt ist und welcher der
Brennpunkt der Linse heifst. Ist MF
ein solcher, aus N kommender, mit NC
paralleler Lichtstrahl und ist c der ge
dachte Brennpunkt, so setzt der Strahl
MF seine Richtung geradlinig nach Fc
fort, und dies geschieht mit allen übrigen,
aus N kommenden, mit Nc parallelen
Strahlen, so dafs der innere Raum DEc
von einem Lichtstrahlenkegel ausgefüllt
wird. Es entsteht mithin ein von un
endlich vielen Strahlen vereinigt gebilde
tes und daher sehr correctes Bild von N
in dem Punkt c.
Es ist klar, dafs auch der oberste
Punkt N' auf das Glas DE eine unend
liche Menge dicht neben einander befind
licher, mit N"C paralleler Strahlen wirft,
und die Linse DE hat die Eigenschaft,
dafs diese Strahlen alle wiederum nach
nur einem hinter der Linse befindlichen
Punkt geworfen werden. Dieser Punkt
liegt in der durch den Brennpunkt c mit
dem Kreisring DE parallel gelegten Ebene
C'C”, d. h. in der Brennweite des
Glases, und zwar da, wo die Nebenaxe
N" n" diese Ebene schneidet, also in ri.
Ist MF ein solcher, aus N kommen
der, mit N"C paralleler Strahl, so setzt
dieser also seinen Weg geradlinig nach
Fn fort; es gilt dies wieder von allen
aus N' auf das Glas geworfenen Strahlen,
der innere Raum DEn wird von einem
Lichtstrahlenkegel ausgefüllt, und in n'
entsteht ein von unendlich vielen Strah
len gebildetes und daher sehr correctes
Bild von N'.
Alle übrigen, also innerhalb NN' lie
genden Punkte des Gegenstandes NN'
werfen Strahlen auf DE unter Winkeln,
die kleiner sind als Z.N"CN, jeder dieser
Punkte wirft einen Strahl durch C, jeder
dieser durch C fallenden Strahlen ist eine
Nebenaxe und geht ungebrochen fort,
fällt also zwischen c und n', und jedem
dieser Strahlenpunkte in c n correspon-
diren eine unendliche Menge von Strahlen