Atmosphäre.
160
Atmosphäre.
Abstufungen, und erzeugte somit die
Strömungen der Luftmasse in den oberen
Regionen vom Aequator nach beiden Polen
hin, und mit Herstellung des Gleichge
wichts in den unteren Regionen von den
Polen nach dem Aequator hin, wie es
noch heut geschieht. Indem nämlich die
Luft um die Aequator-Ebene heifser, aus
gedehnter, leichter und höher, nach den
Polen zu immer kälter, dichter, schwerer
und niedriger ist, so finden die oberen
Schichten vom Aequator ab, zu beiden
Seiten in gleichen Höhen oder Abständen
von der Erdoberfläche Luftleeren, welche
sie permanent auszufüllen haben; mit
diesen oberen Abströmungen werden aber
die zugehörigen Luftsäulen über der Ober
fläche leichter, die nach den Polen hin
durch Zuströmungen schwerer, das aero-
statische Gleichgewicht ist gestört, und
die nothwendige Folge davon ist die
Strömung der unteren Luft-Regionen in
entgegengesetzten Richtungen.
Dafs die Luftströmungen (Winde) in
verschiedenen Höhen nach verschiedenen
Richtungen gehen, beweisen uns die Luft
schifffahrt und Gewitter. Einen Vogel,
der bei starkem Wind in die Luft sich
erheben will, sieht man unter grofser
Anstrengung senkrecht bis zu einer be
stimmten Höhe sich aufschwingen, und
hier leichten Fluges äufserst schnell nach
einer mit dem Winde ganz verschiedenen
Richtung horizontal fortgehen. Offenbar
hatte der Vogel schon die Absicht, die
später genommene Richtung einzuschla
gen, und sein Instinct lehrte ihn, dafs er
eine Luftschicht von der geeigneten Strom
richtung finden würde.
Eine andere permanente Luftströmung
auf dem ganzen Erdball ist die von Ost
nach West, in Folge des täglichen Um
schwungs des Erdballs von West nach
Ost um seine Axe, und diese hat von
Anfang an stattgefunden. Die Lufttheil-
chen nämlich, welche vermöge der Schwer
kraft an den festen Erdkörper gefesselt
sind, werden in die Schwungbewegung
mit hineingerissen, ungeachtet sie als ab
gesonderte Körperchen keinen festen Zu
sammenhang mit der Erdaxe haben ; ihres
Beharrungsvermögens oder ihrer Trägheit
zufolge wollen sie in Ruhe bleiben, d. h.
den zuvor eingenommenen Ort beibehal
ten, und somit entsteht die scheinbar
rückgängige Bewegung der Luft, der Ost
wind, welcher, wo der Umschwung am
stärksten ist, am Aequator, am heftigsten
weht, während er an den Polen = Null
ist und in unseren Gegenden durch viele
zufällige andere Luftströmungen so weit
unterbrochen wird, dafs wir denselben als
permanent nicht mehr wahrnehmen. Da
mit der gröfseren Höhe die Lufttheilchen
eine gröfsere Umschwungs - Geschwindig
keit annehmen müssen, zugleich ihre
Leichtigkeit und Beweglichkeit zu-, ihre
Schwerkraft aber abnimmt, so treffen alle
Umstände überein, dafs die Strömung der
Luft von Ost nach West mit der Höhe
der Luft-Region zunimmt, und auch in
unseren Gegenden wird sie mit zuneh
mender Höhe immer vorherrschender sein.
2. Die Höhe der A. wird sehr verschie
den angegeben, je nach den Voraussetzun
gen, welche den Berechnungen derselben
zu Grunde gelegt werden.
Nach dem Mariotte’schen Gesetz könnte
man annehmen, dafs die A. bis in’s Un
endliche reicht. Mariotte nimmt nämlich
an, dafs jede luftförmige Flüssigkeit ein
unbegrenztes Expansionsbestreben habe,
dafs sie zu unbegrenzter Ausdehnung nur
durch Druckkraft verhindert "werde, und
dafs die Dichtigkeiten verschiedener Luft
massen sich verhalten wie die auf sie
wirkenden Druckkräfte.
Nun ist die Druckkraft der A. auf die
an der Erdoberfläche befindliche unterste
Luftschicht so grofs, dafs sie einer Queck
silbersäule im Mittel von 28 par. Zoll
oder 760’"" 1 (Millimeter) das Gleichgewicht
hält, und in 11,5'" (Meter) Höhe sinkt
das Barometer um 1"""; die darüber
stehende Luftsäule hält also einer 759"""
hohen Quecksilbersäule das Gleichgewicht.
Bei 2x11,5'" steht nun das Barometer
auf
und bei nxll,5'" auf 760
(^Y'MiUm.
V760/
So grofs man also auch immer n nehmen
mag, so behält der Druck der darüber
befindlichen Luft einen reellen Werth,
und die Höhe nxll,5'" ist ohne Grenzen.
Allein erstens ist eine unbegrenzte Ver
dünnung der Luft nicht w r ohl denkbar,
denn das Auseinanderrücken der Atome,
bei welcher der Körper, dem sie ange
hören, als ein homogenes Ganzes noch
existiren kann, mufs jedenfalls seine Gren
zen haben. (Vergl. den folg. Art. Atom.)
Aber auch zweitens kommt hinzu, dafs
die mit der Ferne vom Erdmittel zuneh
mende Centrifugalkraft mit der abneh
menden Schwerkraft in’s Gleichgewicht
kommen mufs, und dafs in diefer Höhe
von der Erdoberfläche kein Körper der
Erde mehr angehören kann.
3. Um diese Höhe zu finden, kann man
2 Wege einschlagen:
Jedes Lufttheilchen macht mit dem