Full text: A - B (1. Band)

Axiom. 
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Axiom. 
Anschauung nicht ein, und es mufs ihm 
bewiesen werden. Euklid thut dies fol- 
gendermafsen: 
Fig. 152. 
Er trägt auf AD und AE zwei gleich 
grofse Linien AF und AG und zeichnet 
die geraden Linien CF und BG. 
Nun ist 
1) nach Voraussetzung AC=AB 
2) nach Construction AF=AG 
3) vermöge Grundsatz /.A—Z.A 
4) folglich &ACF&&ABG 
5) und FC=GB 
6) auch ¿AFC = /_AGB 
7) und mit Hülfe von 1 
und 2 vermöge Grund 
satz BF=CG 
8) Aus 5, G, 7 folgt tsFCB^AGBC 
9) Hieraus ¿_FCB — /_GBC 
10) und /^FBC— /_GCB 
11) oder zDBC=zECB 
also die Winkel unter der Grundlinie ein 
ander gleich. 
12) Aus 4 folgt Z.ABG = Z.ACF 
13) Also mit Hülfe von 9 
grundsätzlich ZABC=ZACB 
also die Winkel an der Grundlinie ein 
ander gleich. 
In diesem Beweise sind die Sätze 1 
und 2 als Voraussetzung, nämlich als 
Grundbedingung für die zu beweisende 
Wahrheit, und als Construction, also als 
eine geschehene Handlung, von Niemand 
als richtig zu läugnen. Satz 3 beruht 
auf einem Grundsatz, den Euklid nicht 
für werth gehalten hat, in allgemeinen 
Worten voranzustellen, nämlich den Satz : 
„Jede Gröfs eist sich selbst gleich,” 
und er als Beweisführer verlangt, dafs 
von seiner Anwendung dieses allgemeinen 
Satzes: ZA — ZA Niemand einen Beweis 
fordere, sondern als einen an sich selbst 
richtigen Satz betrachte. 
Die Folgerung 4, dafs 2 Dreiecke, wenn 
je 2 Seiten und die von diesen eingeschlos 
senen Winkel gleich, einander congruent 
sind, mag Mancher an sich klar finden, 
auf den Beweis des Satzes verzichten, 
allein Euklid verlangt dies nicht, er hat 
den Satz als 4ten Satz und als ersten 
Lehrsatz vorangestellt und ihn bewiesen, 
wovon weiter unten. Die Sätze 5 und 6 
gehören unmittelbar zu dem ebengedach 
ten Lehrsatz; Satz 7 aber beruht auf dem 
von Euklid aufgestellten 3ten Grundsatz: 
„Von Gleichem Gleiches hinweg 
genommen, läfst Gleiches,” und 
Euklid verlangt wieder, dafs Niemand den 
Beweis davon fordere, sondern ihn als an 
sich klar einsehe. 
Die Sätze 8 bis 12 folgern sich aus 
dem oben gedachten 4ten Lehrsatz, und 
der 13te Satz aus dem schon gedachten 
Euklidischen Grundsatz. 
Der Beweis von Satz 5 beruht also auf 
zweien Grundsätzen und einem Lehrsatz: 
Dieser Satz als erster Lehrsatz des ganzen 
Euklidischen Lehrgebäudes konnte nur 
mit Hülfe von Grundsätzen bewiesen 
werden. 
Fig. 153. 
Sind nämlich AB = DE 
AC=DF 
¿BAC=ZEDF 
so beweist Euklid die Congruenz der bei 
den Dreiecke und die Gleichheit der übri 
gen Seiten und Winkel wie folgt: 
Bringe den Triangel ABC auf den 
Triangel DEF und lege A auf D und 
AB auf DE. Da AB = DE, so fällt B 
auf E. Da BAC—EDF, so fällt AC auf 
DF. Da AC — DF, so fällt C auf F. 
Diese 3 Schlüsse macht Euklid ohne 
weitere Begründung, er setzt also voraus, 
dafs Niemand einen Beweis für dieselben 
verlange. 
Für den lsten und den 3ten Schlufs 
gehört aber offenbar der Grundsatz: 
„Ger ade Linien, die ein andergleich 
sind, können in eine Lage gebracht 
werden, dafs sie sich decken,” und 
dieser Grundsatz wird um so mehr ver- 
mifst, als Euklid den 8ten Grundsatz:
	        
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