Full text: R - S (6. Band)

Raumlehre, 
187 
Raumlehre. 
Man theilt nach der Gestalt des Viel 
ecks die Pyramiden somit in dreiseitige, 
vierseitige u. s. w. 
Die Prismen entstehen, wenn zwi 
schen je zwei auf einander folgenden 
von einer Anzahl paralleler Linien eine 
Ebene gelegt, alle diese Ebenen aber 
durch zwei parallele Ebenen durchschnit 
ten werden. Diese beiden letztem bilden, 
wie sogleich zu sehen, congruente Viel 
ecke, und zwischen ihnen befinden sich 
als Grenzflächen soviel Parallelogramme, 
als die Vielecke Seiten haben. Jo nach 
der Gestalt der Vielecke, theilt man auch 
die Prismen in dreiseitige, vierseitige u.s.w. 
II. Aufgabe und Lehrsätze. 
Beziehungen zwischen der Anzahl und 
Beschaffenheit der Ecken, Flächen und 
Kanten eines Polyeder zu finden. 
Auflösung. Wir bezeichnen mit f 
die Anzahl der Flächen, mit e die der 
Ecken, mit k die der Kanten eines Po 
lyeder. 
Nehmen wir ferner an, dass unter den 
f Flächen, A Dreiecke, B Vierecke, C 
Fünfecke, D Sechsecke u. s. w., sowie 
unter den e Ecken « dreikantige, ß vier 
kantige, y fiinfkantige, d' sechskantige 
u. s. w. seien, so würde sein: 
1) f=A+B+C+D+ ... 
2) e = a + ß + y+ (f+... 
Da in den A Dreiecken, den B Vier 
ecken u. s. w. sich bezüglich SA, AB, 5C 
Kanten befinden, jede Kante aber zu 
zwei Flächen gehört, so hat man ferner: 
3) 2k=SA+AB+5C+6D+ ... 
und da Aehnliches auch für die Bezie 
hung der Kanten zu den Ecken gilt: 
4) 2k — 3« -f- 4d+5y "4" 6cf + ... 
5) 2k-2f=A+2B + SC+AD + . .. 
6) 2k—2e = a + 2ß+Sy+4:it + ... 
Es folgt hieraus, dass die Ausdrücke: 
A+3C+ 5E+.. . und a+Sy+5s+ ... 
immer grade Zahlen sein müssen, oder 
wenn man die jedenfalls graden Zahlen 
2C + 4i£ + ..., 2y -f- 4s. •. 
bezüglich abzieht, dass auch: 
A+C + E-f-..., a + y + (+ ... 
grade sind. D. h. 
Lehrsatz 1. „In jedem Polyeder ist 
die Anzahl derjenigen Flächen, welche 
eine ungrade Seitenzahl, und derjenigen 
Ecken, welche eine ungrade Kantenzahl 
haben, immer eine grade. 11 
Ausser den Relationen 1 — 4 ist aber 
noch folgende von grosser Wichtigkeit. 
Denken wir uns zunächst eine Anzahl 
von Vielecken, welche, ohne einen Raum 
völlig zu begrenzen, nach allen Richtun 
gen ohne Unterbrechung mit einander 
Zusammenhängen, mithin eine gebrochene 
Fläche bilden. Man wird dann von einer 
Peripherie dieser gebrochenen Fläche 
sprechen können und darunter diejenigen 
Kanten verstehen, die nur nach einer 
Richtung hin Vielecke begrenzen. Nimmt 
man von dieser gebrochenen Fläche von 
der Peripherie aus ein Vieleck weg, so 
wird eine ähnliche gebrochene Fläche 
entstehen, in der die Anzahl f der Grenz 
flächen um 1 kleiner ist. Da hierbei 
auch eine Anzahl Kanten und die zwi 
schen je zweien liegenden Ecken ver 
schwinden, die beiden äussersten zu den 
weggenommenen Kanten gehörigen Ecken 
aber bleiben, so ist die Anzahl der ver 
schwindenden Kanten um Eins grösser 
als die der verschwindenden Ecken, und 
bei der neuentstandenen Fläche also der 
Ausdruck: f~\-e — k der nämliche wie 
bei der alten. Indem man nun so fort 
fährt, immer eine Fläche von der Pe 
ripherie aus wegzunehmen, gelangt man 
schliesslich, ohne dass sich f+e-k 
ändert, bis auf ein Vieleck. Da bei 
einem solchen nun die Anzahl der Ecken 
der der Kanten gleich, die der Flächen 
aber gleich Eins ist, so ist bei diesem 
Vieleck, und folglich bei allen gebroche 
nen Flächen, welche die oben gegebene 
Bedingung erfüllen: 
f + e — к = 1. 
Eine solche Fläche entsteht nun unter 
andern dann, wenn man von einem be 
liebigen Polyeder eine Grenzfläche weg 
nimmt. Da nun hierbei die Anzahl der 
Ecken und Kanten dieselbe bleibt, die 
der Flächen sich aber um Eins vermin 
dert, so ist bei dem Polyeder 
7) f+e-k = 2. 
Dies gibt den wichtigen Satz: 
Lehrsatz 2. „In jedem Polyeder ist 
die Summe der Anzahl der Ecken und 
Flächen um zwei grösser als die der 
Kanten.“ 
Aus der Formel 7) in Verbindung 
mit 6) ergibt sich noch: 
8) 2f=A + a + 2ß + Sy + Ad + ... 
und aus 7) und 5): 
9) 2e = 4 +A+ 2B+ 3C+4D+ ... 
Scholion. Der Lehrsatz heisst nach 
seinem Erfinder der Eulers che, der 
hier gegebene Beweis rührt von Cauchy 
her. Es ergibt sich aber auch eine Be 
ziehung für die Kantenwinkel. Ist
	        
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