Statik.
550
Statik.
des Punktes A verschwindet*)“. Diese
allgemeine Gleichgewichtsbedingung wird
Prinzip der virtuellen Geschwindigkeit
genannt. Welche höchst allgemeine Aus
dehnung demselben zu gehen ist, wird
später gezeigt werden.
Uebrigens lässt sich dem Begriff der
virtuellen Geschwindigkeit noch eine
etwas weitere Ausdehnung geben.
Befinde sich der Punkt A z. B. auf
der Fläche oder Linie MN, so steht er
mit derselben nur so lange in Verbin
dung als die Mittelkraft 17, der auf ihn
wirkenden Kräfte nach Innen hinein ge
richtet ist, und dies ist also hier an
zunehmen. Als virtuelle Geschwindig
keit, d. h. der Verbindung des Punktes
mit MN ist aber jede, nicht allein die
Bewegung AB auf MN, sondern auch
jede andere AU, AD über MN aufzu-
iassen ; man sieht aber leicht, dass die
Projectionen von AC und AD auf U,
die dieser Kraft entgegengesetzte Rich
tung haben, also wird Udp negativ sein.
Man kann also, wenn man den Begriff
der virtuellen Geschwindigkeit so erwei
tert auffasst, als Gleichgcwichtsbedin-
gung aufstellen: „dass das Moment der
virtuellen Geschwindigkeit nicht positiv,
(d. h. entweder negativ oder der Null
gleich) sein muss“.
6) Statik fester Körper.
Bei einem jeden Körper ist es natür
lich Bedingung des Gleichgewichts, dass
jeder Punkt sich in solchem befinde,
d. h. dass die auf ihn wirkenden, von
den andern Punkten ausgehenden Span
nungen die äusseren Kräfte aufheben. —
Es müssen aber die sich hieraus erge
benden Gleichungen derart sein, dass
nach Elimination aller Spannungen, die
ja nicht bekannt sind, noch eine hinrei
chende Anzahl Gleichgewichtshedingun-
gen, also für jeden Punkt drei Zurück
bleiben.
Was nun die festen Körper anbetrifft,
so ist leicht zu finden, wie viel Gleich
gewichtsbedingungen überhaupt für sie
erforderlich sind.
Bestehe der feste Körper aus n Punk
ten, so muss die Entfernung eines jeden
*) Uebrigens leuchtet dies von selbst
ein, die Gleichung Udp = 0 sagt nur,
dass entweder U = 0 oder dp — 0, d. h.
dass die Richtung ds auf U senkrecht,
oder U normal gegen die Fläche oder
Linie gerichtet ist, was der Fall noth-
wendig sein muss, wenn U dem Drucke
der Fläche oder Linie das Gleichgewicht
halten soll.
derselben von jedem andern eine unver
änderliche sein. Dies ist aber offenbar
schon der Fall, wenn die Entfernungen
jedes Punktes von drei andern gegebenen,
die wir mit A, B, C bezeichnen, und
die nicht in einer Graden liegen und
ausserdem die Entfernung dieser drei
unter einander constant ist. Denn unter
dieser Bedingung ist die Entfernung
jedes Punktes von der Ebene dieser drei
Punkte und von irgend einer darin be
findlichen Linie eine feste, womit auch
die Lage jedes Punktes zu irgend einer
andern Ebene, Linie oder einem Punkte
als constant gegeben ist. Da nun ausser
den drei Punkten noch n — 3 andere vor
handen sind, so hat man im ganzen
3n — 9 Gleichungen, welche die Entfer
nungen jeden Punktes von einem der
dreien, und drei, welche dieselbe in Be
zug auf je zwei der drei Punkte unter
einander ausdrücken, also 3w — 6 Glei
chungen von der Form:
r * = (« — «) 2 4- (y - 6) 2 + (z - c)\
wo a, b, c die Coordinaten eines der
drei Punkte, x, y, z die eines beliebigen
Punktes, und r die constante Entfer
nung ist. Es sind aber für das Gleich
gewicht der n Punkte 3n Gleichungen
nöthig. Also, um das Gleichgewicht
eines festen Körpers zu bestimmen,
braucht man im Ganzen sechs Gleichun
gen, welche jedoch die Spannungen nicht
enthalten dürfen. Von diesen sechs Glei
chungen, welche wir sogleich entwickeln
werden, wird die ganze Art der Ent
stehung zeigen, dass sie nicht für feste
Körper allein, sondern für alle Systeme
nothwendig sind. Bei den festen aber
sind sie auch nach dem Obigen ausrei
chend. Aus ihrer allgemeinen Gültigkeit
aber folgt der gewöhnlich als Prinzip
angenommene' Satz, dass jeder im Gleich
gewicht sich befindende Körper in demsel
ben verbleibt, wenn man ihn fest ge
worden denkt.
Seien A und B zwei beliebige Punkte
des Körpers, deren Coordinaten bezüg
lich x, y, z und x', y r , z f und deren
Entfernung r ist. Wie auch der Zustand
des Systems sei, findet von A nach B
eine Spannung p, und von B nach A
eine solche p r = — p statt, welche beide
nach der Verbindungslinie r gerichtet
sind, also nach den Axen in die Com-
ponenten zerfallen: