Full text: Q (5. Band)

Quadratur (analytische). 
156 Quadratur (analytische). 
Quadratur (analytische). 
1) Einleitung. 
Mit dem Ausdrucke Integral bezeich 
net man bekanntlich die Auflösung einer 
beliebigen Differenzialgleichung oder eines 
Systems von Differenzialgleichungen. Die 
Auflösung der Gleichung 
wo die rechte Seite die eine Veränder 
liche nicht enthält, wird Integral im en 
gem Sinne, oder Quadratur genannt. 
Den letztem Namen wollen wir hier 
beibehaltcn, um diesen bcsondcrn ein 
fachsten Fall von dem Allgemeinem zu 
unterscheiden. Er ist der Geometrie ent 
nommen, und dies kommt daher, dass 
die bezeichnete Operation zugleich die 
von den Curven begränzten Flächenstücke 
ergibt, die Aufgabe, dergleichen Flä 
chenstücke zu bestimmen, aber schon 
von den Alten mit dem Namen Quadratur 
bezeichnet worden ist. 
Die Regeln über die Quadraturen bil 
den mit der Differenzialrechnung die 
Grundlage der hohem Analysis, und 
geben zugleich das Hauptmittel zur In 
tegration der Differenzialgleichungen ab, 
welche fast immer in der Zurückführung 
auf Quadraturen besteht. 
Die Aufgabe der Quadratur oder der 
Integralrechnung im engeren Sinne lässt 
sich also nach dem Obigen dahin fassen: 
„aus der gegebenen Differenzialgleichung 
oder dy~f{x)dx 
den Werth von y als Function von x 
zu finden. “ 
Es ist dies die der Differenzialrech 
nung entgegengesetzte Aufgabe, und ver 
hält sich zu der erstem, wie die Division 
zur Multiplication, oder wie die Sub 
traction zur Addition. 
Indessen kann man, und es ist dies 
in der That der historische Weg ge 
wesen, den man dem Wesen der Sache, 
wenn auch nicht der Bezeichnung nach, 
vor der Erfindung der Differenzialrech 
nung eingeschlagen hat, umgekehrt die 
Quadratur oder die Berechnung der In 
tegrale als die directe, dagegen das Dif- 
ferenziiren als die indirecte Operation 
auffassen. Indem man unter Integral 
den Grenzausdruck einer Summe ver 
steht , ganz wie durch das Differenzial 
der Grenzausdruck für eine Diffezenz be 
zeichnet wird. 
Diese Auffassung ist in neuester Zeit, 
nachdem der Begriff des Integrals durch 
Hineinziehen des Imaginären eine höchst 
fruchtbringende Erweiterung erfahren hat, 
von der grössten Wichtigkeit geworden. 
Es wird daher nöthig sein, dieser di- 
rectcn Definition der Integrale einige 
Ausführung zu geben, und zunächst die 
Identität derselben mit der vorhergege 
benen indirecten zu erweisen. 
2) Definition der Quadraturen 
oder Integrale als Summen. 
Es seien 
V oiV i> y i>y s ' ' * Vn—1’ y, t 
gewisse Grössen, welche gegeben sein 
sollen, durch die rccurrente Bezeichnung: 
y p -y p -i=i(x p )- 
Die Grösse x p ist einer anderen Reihe 
bekannter Grössen: 
•*o> x i "* X n -V x n 
entnommen. f(x) stellt eine beliebige 
gegebene Function von x vor. 
Setzt man in unsere recurrcnte Glei 
chung für p nach und nach die Werthe 
1, 2, 3 • • • n ein, so erhält man offen 
bar: 
y i = Vo+f( x i) 
- yz=yi+f(. x ^-yo+fi x i)+ii x 2) 
Vs = yi+f( x s)= yo+f( x i)+i( x i)+f(. x *) 
u. s, w., 
also allgemein: 
y p =yo+f(. x i)+f(. x i)+f( x s)+ ’■ • f( x p )- 
Offenbar ist hierin der Ausdruck für 
y p vollständig bestimmt, bis auf die 
Grösse y 0 , welche willkürlich zu neh 
men ist, wenn Nichts über deren Aus 
wahl anderweitig festgesetzt ist. 
Nehmen wir nun an, die Reihe der y 
sei eine continuirliche, d. h. jedes y p 
unterscheide sich nur unendlich wenig 
von dem vorhergehenden; es wird dann 
y p ~~y p _i <dne unendlich kleine Grösse 
sein, folglich auch f(x p ). Um letzteres 
anzudeuten, schreiben wir 
K x P )-i. x p- x P -\)<i{ x P \ 
ein Ausdruck, der in der That unendlich 
klein wird, wenn wir annehmen, dass die 
Reihe der x ebenfalls eine continuirliche 
ist, y(x) aber für jeden in unsrer Reihe 
enthaltenen Werth von x nicht unend 
lich gross wird. Diese beiden Bedin 
gungen sind übrigens schon hinreichend, 
damit auch y p —y p _^ immer unendlich 
klein, also die Reihe der y continuirlich 
sei.
	        
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