über die Grenzen,Methode.
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zur Feststellung einer Grundlage der Differential-Rechnung vorgeschlage
nen Theorien, die Begriffe von Grenzen immer darin wiederfindet.
IV. Man brauchte bisweilen fehlerhafte Redensarten: fo bezeichnete
man die Methode der Grenzen eine lange Zeit hindurch mit dem Aus-
drucke: Methode der Ersten und letzten Verhältnisse;
allein diese Redensart ist nicht hinreichend genau. Wenn wir weiter oben
das Verhältniß
2y + k
wenn sich
2 y + k
der Linien
2y
?
(S. 197) betrachteten, so dürsten
2y
durch das Verschwinden des k in — verwandelt, so
fallen die beiden Punkte M' und M zusammen, und die nicht mehr existi-
rendcn Linien M'Q und MQ haben kein Verhältniß mehr zu einander.
2y e
Man muß demnach — als für sich bestehend d. i. als ens sui generls be
trachten , und die Verbindung dieses Bruches mit den Größen h nnd k
oder MQ und M'Q besteht bloß darin, daß man ihn von denselben in
so fern herrühren läßt, als er, nicht ihr Verhältniß, sondern dessen Grenze
ausdrückt. Neuton selbst sprach sich hierüber in folgender Stelle seines
Buches der Principien, ganz klar, dem Vorhergehenden gemäß, aus:
„Jene letzten Verhältnisse, wo die Größen verschwinden, sind, wahr zu
„reden, nicht die Verhältnisse der verschwundenen Größen, sondern die
„Grenzen, denen sich die Verhältnisse der unbegrenzt abnehmenden Größen
„stets nähern, und dieses so weit als man will." *)
Nähme man an, der mit dem Punkte IM Anfangs vereinigte Punkt
M' entfernte sich von demselben, so würden die Linien MQ und M'Q
alsdann entstehen, anstatt zu verschwinden, und in diesem Sinne nannte
2 v
man — ihr Erstes Verhältniß.
P
Y. Es scheint mir, zur klaren Einsicht der Entstehung der Grenzen
beim Uebergang von den geraden Linien zu den krummen, die Bemerkung
auszureichen, daß der charakteristische Unterschied, zwischen einer krummen
Linie und einem Polygon, darin besteht, daß man in der ersten Winkel
einschreiben kann, die zwei Rechten so nahe kommen als man will, in
dem letzten aber dasselbe nicht thun kann, da hier der Ilmfangswinkel der
größte unter allen Winkeln ist, die sich zwischen zwei auf einander folgen
den Seiten befinden können.
*) Ultimae rationes illae quibuscnm quantitates evanescunt, revera non
sunt rationes quantitatum ultimarum, sed limites ad quos quanti
tatum sine limite decrescentium rationes semper appropinquant; et
quas propius assequi possunt quam pro data quavis differentia. (Phi
losophiae naturalis principia mathematica, lib. I, sect. i, lem. XI,
scholium.)