208
der Erde den Gegenstand der Messung bildet. Jede derartige Messung
besteht ferner aus zwei Teilen, einem astronomischen und einem geo
dätischen. Wenn es sich — wie bis jetzt fast bei allen bedeutenderen
Messungen — um die Ausführung einer Meridianbogenbestimmung
handelt, so müssen einerseits auf astronomischem Wege die geo
graphischen Breiten der Endpunkte des zu messenden Bogens und
andererseits auf geodätischem Wege die Länge dieses Bogens, aus
gedrückt in einer bekannten Längeneinheit, ermittelt werden. Die
Differenz der geographischen Breiten liefert dann den Centriwinkel des
Meridianbogens, und aus diesem Centriwinkel in Verbindung mit der
Länge des Bogens erhält man durch eine einfache Proportion die
Länge der ganzen Meridianperipherie, d. h. des Erdumfangs — unter
der Voraussetzung der Kugelgestalt der Erde, also der Kreis
gestalt des Meridians. Die Berechnung erleidet einige Abänderungen,
jedoch nur in mathematischer Beziehung, wenn die elliptische Gestalt
für Erde und Meridian zu Grunde gelegt wird, worüber in der
sphärischen Astronomie das Nötige mitgeteilt worden ist (p. 72 u. sf.).
Wirft man einen Blick auf die Geschichte der Gradmessungen,
so lassen sich ohne Mühe drei scharf begrenzte Entwickelungsperioden
erkennen.
1. Periode: Von dem Alexandriner Eratosthenes bis zu Willibrord
Snellius (200 v. Chr. — 1600 n. Chr.), charakterisiert
durch die anfangs noch rohe, allmählich aber vervollkommnete
Methode der Polhöhenbestimmung, besonders aber durch
die fast ganz der Gunst des Zufalls anheimgegebene geo
dätische Messung des Bogens.
2. Periode: Von Snellius bis Newton (1600—1680), ausgezeichnet
durch die von Snellius herrührende bedeutende Verbesserung
des geodätischen Teils der Messung, nämlich durch Ein
führung der Triangulation, mit deren Hülfe man
erst in den Stand gesetzt wurde, die Terrainschwierigkeiten
mehr und mehr zu überwinden.
3. Periode: Von Newton bis zur Gegenwart, in welcher die Hypothese
von der reinen Kugelgestalt der Erde aufgegeben wurde,