Full text: Vorlesungen über Differentialgleichungen mit bekannten infinitesimalen Transformationen

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Kapitel 6, §§ 4, 5. 
Durch die Gleichung (12) werden | und r\ nicht vollständig be 
stimmt. Zu einem bekannten Multiplicator M lassen sich also un 
endlich viele infinitesimale Transformationen (oder eingliedrige Gruppen) 
angeben, welche die Differentialgleichung gestattet, während sich aus 
einer solchen infinitesimalen Transformation nur ein Multiplicator ab 
leiten lässt. 
Bekanntlich besitzt jede gewöhnliche Differentialgleichung erster 
Ordnung zwischen x und y einen Integrabilitätsfactor (ja sogar un 
endlich viele), und daher ergiebt sich der Satz: 
Satz 8: Jede gewöhnliche Differentialgleichung erster Ordnung 
zwischen zwei Veränderlichen gestattet unendlich viele infinitesimale Trans 
formationen oder eingliedrige Gruppen. 
Für Differentialgleichungen höherer Ordnung gilt ein ähnlicher 
Satz nicht. 
Wir werden in den folgenden Kapiteln auf den Zusammenhang 
zwischen infinitesimalen Transformationen und Multiplicatoren einer 
gewöhnlichen Differentialgleichung in x und y zurückkommen und 
insbesondere die Wichtigkeit unserer Theoreme durch viele Beispiele 
illustrieren. 
§ 5. Integration der gewöhnlichen Differentialgleichungen erster 
Ordnung durch Einführung canoniseher Veränderlicher. 
Wie wir gesehen haben, lässt sich für eine vorgelegte Differential 
gleichung 
Xdy — Ydx — 0 
ein Multiplicator angeben und also ihre Integration durch eine Qua 
dratur leisten, sobald man eine infinitesimale Transformation Uf kennt, 
welche sie gestattet. Es giebt nun noch eine andere sehr bemerkens 
werte Methode, durch welche eine bekannte infinitesimale Transfor 
mation üf, welche die Differentialgleichung gestattet, zur Integration 
derselben verwertet werden kann, und von dieser wollen wir zum 
Schluss des vorliegenden Kapitels noch kurz sprechen. Doch heben 
wir sogleich hervor, dass diese neue Methode nur dann zum Ziele 
führt, wenn die Bahncurven der von der bekannten infinitesimalen 
Transformation erzeugten Gruppe schon gegeben sind. 
Einführung Das Verfahren besteht darin, dass wir an Stelle von x und y 
canoniseher . ' _ ... 
veränder- neue Veränderliche r und fi einführen, sodass die bekannte infinitesi- 
male Transformation üf die canonische Form g—- annimmt. In § 2 
des 3. Kapitels erkannten wir, dass wenn die Bahncurven
	        
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