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Kapitel 9, § l.
2. Beispiel;*) Die Evolventen sind Curven, welche eine Geraden-
scbar orthogonal schneiden. Man kann aber auch die Differential
gleichung einer Schar von Curven, welche eine gegebene Geradenschar unter
beliebigem, ober constanten Winkel & schneiden, durch eine Quadratur
integrieren, denn auch hier kann der Abstand zweier infinitesimal benach
barter Curven bestimmt werden. Schneiden nämlich zwei infinitesimal
benachbarte dieser Curven auf einer
als Anfangsgerade der Schar gewählten
Geraden g 0 die Strecke da 0 ab, so be
stimmen sie auf der nächsten Geraden
g x , die mit g Q den Winkel d& bilde,
die Strecke
dAj = da 0 (1 -}- ctg & • d&),
auf der folgenden wieder um c?ff gegen
g x geneigten Geraden g 2 die Strecke
da 2 = da x (1 -f- ctg @ • cZff), also
da 2 — da 0 (1 -j- ctg & • d&) 2
u. s. w., auf der n ten Geraden g n , die
mit g 0 den Winkel nd& bildet, die Strecke
da n — da 0 (1 -J- ctg & • dd) n
(Fig, 14). Lässt man n unendlich gross werden, sodass wdfff in den
endlichen Winkel ff übergeht, den eine beliebige Gerade g der Geraden
schar mit der Anfangsgeraden g 0 bildet, so erhält man den Abschnitt
(Um n = oo) da — da 0 (l + ctg @ ,
d. h. nach einer bekannten Formel der Analysis:
da — da 0 e & ctg ®,
und daher ist hier der Abstand ds der beiden Curven
ds = da • sin @ = da 0 e & ctg 0 sin @.
Nach Satz 1 besitzt somit die Differentialgleichung Xdy — Ydx = 0
der Curvenschar den Multiplicator
e — & ctg 0
sin © YX 2 + Y 2 7
wo ff natürlich eine Function des Punktes (x, y) ist, nämlich der
Winkel, welchen- die durch diesen Punkt gehende Gerade g der ge
gebenen Schar mit der Anfangsgeraden g 0 bildet, und wo der Factor
sin & als blosse Constante gestrichen werden kann. & = ~ führt zu
rück zum 1. Beispiel.
*) Dieses Beispiel wurde von Scheffers angegeben.