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Kapitel 10, § 3.
Theorem 12: Sind A L f — 0 und A 2 f = 0 zwei lineare partielle
Differentialgleichungen in x, y, z, so besitzen sie dann und nur
dann eine gemeinsame Lösung, ivenn eine Delation von der
Form
(Ai A) = i>iO; V, ¿)A x f + i> 2 0> V, ¿) Af
identisch für jede Function f besteht.
Man nennt in diesem Falle die beiden Differentialgleichungen
gls System’-^-i = 0 un d — 0 zusammen ein (ziveigliedriges) vollständiges
System. Der Begriff eines vollständigen Systems ist allerdings um
fassender, da er nicht auf den Fall dreier Veränderlicher beschränkt
ist. Wir werden ihn auf einer späteren Stufe in voller Allgemeinheit
kennen lernen. Im besonderen heisst das vollständige System A x f= 0,
A 2 f = 0 auch ein Jacobi’sches System, wenn der Klammerausdruck
{A 1 Af) = 0 ist. Wir haben gesehen, dass jedes vollständige System
A x f — 0, A 2 f — 0 als Jacobi’sches geschrieben werden kann.
Die Lösung des vollständigen Systems, d. h. die gemeinsame
Lösung der Gleichungen A x f = 0 und A 2 f — 0 bestimmt man, um
es zu recapitulieren, in dieser Weise: Vorerst schreibt man das System
in einer Form A x f = 0, A 2 f — 0, in der (A x Af) = 0 ist. Man sucht
dann die allgemeine Lösung Slfa, v) der Gleichung A x f — 0 und bildet
A 2 £l = 0. Diese Gleichung ist dann stets eine lineare partielle Dif
ferentialgleichung zwischen Si und u, v allein, deren Lösung Si die
gesuchte Function ist. Offenbar ist mit Si auch jede Function cP(ii)
Lösung des vollständigen Systems*).
Wenn die Jacobfsche Form A x f■== 0, A 2 f — 0 im besonderen
durch die obige Auflösungsmethode erhalten ist, wenn also
T f— df ■ df q
A A — dx + dz 7
Ä f=— A- 6 — — 0
A A — dy + dz ~ ü
ist, was stets zu erreichen, so vereinfacht sich die Integration noch
etwas. A x f — 0 ist nämlich dann äquivalent der gew. Differential
gleichung in zwei Veränderlichen x, z:
dx dz
~T —faf’
*) Die Theorie der vollständigen Systeme, die von Jacobi und Clebsch
herrührt, hat durch Herrn Mayer ihre jetzige einfache Form erhalten.