§25. Geodätische Linien. Anwendung auf Rotationsflächen. 115
nennen, die ursprüngliche Definition erweiternd, jede
Kurve auf der Fläche eine geodätische Linie, deren
Schmiegungsebene stets die Flächennormale enthält.
Die Differentialgleichung (3) ist von der zweiten
Ordnung, ihr Integral enthält also zwei willkürliche Kon
stanten; diese sind bestimmt, sobald ein Punkt der geodä
tischen Linie und ihre Richtung in diesem Punkt gegeben
ist. Durch jeden Flächenpunkt gehen also unendlich viele
geodätischen Linien.
Man kann der Differentialgleichung der geodätischen
Linien noch eine etwas andere Form geben, wenn man davon
ausgeht, daß die Hauptnormale mit der Flächennormale
zusammenfällt. Die Richtungskosinus der letzteren sind pro
portional mit F 1} F 2 , F b ; die der ersteren nach § 4, (4) (wenn
_ __ ... . d 2 x d 2 y d 2 z
als Parameter die Rogenlange s dient) mit ^2’ ^7*
Ist nun l ein Proportionalitätsfaktor, so folgt
(3 a)
d 2 x
ds 2
=x Fl , ~=xf 2 ,
d 2 z
ds 2
IFo.
Man sieht unmittelbar, daß mit (3 a) auch (3) be
friedigt ist.
Historisch seien noch zwei aus Sätzen der Mechanik
folgende Eigenschaften der geodätischen Linien angeführt,
nämlich:
Satz 2. Bewegt sich ein Punkt, auf den keine
äußeren Kräfte wirken, auf einer Fläche, so be
schreibt er eine geodätische Linie.
Ferner:
Satz 3. Ein Fadenstück, das auf einer Fläche
ohne Reibung beweglich ist, legt sich, straff an
gespannt, in Form einer geodätischen Linie auf die
Fläche.
Wir leiten hier für späteren Gebrauch noch eine Be
ziehung zwischen den früher (§ 20) definierten Differential
formen L, M, ds 2 und der in diesem Paragraphen ein
benachbarten Linie der Fläche mit denselben Endpunkten, so gibt
die Variationsrechnung PL Q — PL { Q -f- unendlich kleines der
zweiten Ordnung. Auf das Vorzeichen dieser letzteren Größe
(zweite Variation) kommt es an, ob ein Minimum vorliegt oder nicht.
8*