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Vom Augenmaaße.
§. 52. 1. Wenn wir die Erfahrung zu
Rache ziehen, so ergeben sich leicht einige Mit
tel, durch deren Hülfe wir einen Begriff von
dem ohngefähren Abstande eines Objets von
unserm Auge, erlangen; jedermann weiß, daß
entfernte Gegenstände bey weitem nicht so kennt
lich und deutlich erscheinen, als nahe; Sie
kommen unserm Auge nicht nur immer kleiner
vor, je weiter wir uns entfernen, sondern sie
zeigen sich auch in einer weit blässeren und min
der lebhaften Farbe.
2. Mit diesem verschiedenen Eindrücke, den
nahe oder entlegene Gegenstände auf unser Auge
machen, haben wir uns von Jugend auf ge
wöhnt, den Begriff von Entfernung oder
Abstand zu verbinden, d. h. wir haben uns
ein A u g e n m a a ß, ein Vermögen erworben,
blos nach diesem Eindrücke Entfernungen zu ver
gleichen oder zu schätzen, und das mit desto-
grösserer Genauigkeit, je öfter wir Gelegenheit
gehabt haben, Sachen in einer wirklich ausge-
meffenen, oder auch nur in Zeit oder Schrit
ten angegebenen Entfernung zu sehen, oder aus
Vergleichung des Gesichts mit dem Gefühl,
und durch andere Mittel, aus dem, was ,m§
das Auge darstellt, Urtheile über die wahren
Größen und Lagen der Gegenstände zu fällen.