Full text: Mathematik und Logik

Über innere Folgerichtigkeit. 7 
umfassenden Kombination und kann daher nicht mit dem Ganzen, 
dem Stamm, in Widerspruch geraten, ebensowenig mit einem der 
beiden Sätze des Stammes, mit anderen Worten: Kein Bestand 
teil des Stammes widerspricht einer Folgerung aus dem Stamm. 
Zu bemerken ist, daß die betrachteten Folgerungen auf „direkten“ 
Beweisen beruhen, die Frage nach Folgerungen mittels „indirekter“ 
Beweise jedoch offen gelassen ist. Die „Erste Erzählung“ wird 
indes weiter unten auf anderem Wege nochmals geprüft und ihre 
Haltbarkeit dadurch außer Zweifel gesetzt werden. 
Wenn wir hier zu einem Ergebnis gelangen mußten, so hatte 
dies seinen Grund darin, daß — unter den erwähnten Beschrän 
kungen — aus der „Ersten Erzählung“ nur eine begrenzte Anzahl 
von Folgerungen hergestellt werden kann. Denken wir uns über 
haupt einen Stamm, der Folgerungen nur in endlicher Anzahl zu 
läßt, etwa p Folgerungen. Wird die Anzahl der einzelnen Sätze 
des Stammes, wie oben, mit n bezeichnet, so hätte man, um alle 
etwaigen Widersprüche zweiter Stufe von der einfachen Art auf 
zufinden, schlimmstenfalls jeden der n Sätze des Stammes mit jeder 
der p Folgerungen zu vergleichen, mithin nXp Vergleichungen 
auszuführen. Bei der „Ersten Erzählung“ war n — 2, p — 2047 
und mithin 
n Xp = 4094. 
Die Erscheinung, daß sich Folgerungen nur in endlicher Anzahl 
ergeben, kann aber nur an besonders gearteten Stämmen Vor 
kommen ; sie ist keine allgemeine Erscheinung. Vielmehr muß man 
darauf gefaßt sein, daß die Folgerungen aus einem Stamm nicht 
erschöpft w r erden können, sondern eine unendliche Menge bilden. 
Als Beispiel diene die Geometrie. Aus dem Inhalt der Geometrie 
kann man eine begrenzte Anzahl von Sätzen herausheben und zu 
einem „Stamm“ vereinigen mit dem Erfolg, daß alle übrigen Sätze 
der Geometrie aus den Sätzen des Stammes — ich w T ill sie die 
Stammsätze nennen — abgeleitet werden können. Die Sätze 
der Geometrie sind also, soweit sie nicht selbst zum Stamm ge 
hören, Folgerungen aus dom Stamm; Folgerungen übrigens, bei 
denen als „allgemein geläufige Tatsachen“ nur die Eigenschaften 
der Zahlen herangezogen werden dürfen. Trotzdem aber der Stoff, 
von dem der Geometer ausgeht, ein begrenzter ist, ist die Arbeit 
des Geometers unbegrenzt, sie kann niemals einen Abschluß er 
reichen. Dies zeigt sich schon auf beschränktem Gebiet, z. B. wenn 
man sich nur mit geradlinigen Figuren beschäftigt. Hat man das 
Dreieck studiert, so kommt das Viereck an die Reihe: wieder neue 
Fragen bietet das Fünfeck, und wie weit man auf diesem Wege 
auch fortschreiten mag, so steht man niemals an einem Ende.
	        
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