Full text: Mathematik und Logik

Forschen und Darstellen. 
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von Klarheit und Sicherheit gerühmt wird“, und tadelt an gewissen 
von großen Mathematikern herrührenden Entwicklungen „die Form, 
die zwar bei der Auffindung neuer Wahrheiten von großem Nutzen 
sein kann, aber bei der Veröffentlichung von Beweisen nicht ge 
stattet werden darf“. Es bedarf „vollständiger Entwicklungen, 
wenn sie wahrhaft überzeugend sein sollen“ (1831). Vom Verfasser 
einer Parallelentheorie sagt Gauß, daß an der Theorie „freilich 
nichts ist; aber etwas Seltenes ist, daß er meine Anzeige der Blöße 
sogleich anerkannt hat“ (1827). „Die meisten Menschen haben gar 
nicht den rechten Sinn für das, worauf es dabei ankommt, und ich 
habe nur wenige Menschen gefunden, die das, was ich ihnen mit 
teilte, mit besonderem Interesse aufnahmen. Um das zu können, 
muß man erst recht lebendig gefühlt haben, was eigentlich fehlt, 
und darüber sind die meisten Menschen ganz unklar“ (1832). 
Als das vollkommenste Beispiel von Klarheit und Sicherheit 
gilt die Mathematik auch heute. Auch heute wird man nur für die 
Aufsuchung neuer Wahrheiten volle Freiheit in Anspruch nehmen, 
nicht für die Prüfung und Darstellung des Gefundenen. Ob aber 
das von G a u ß beobachtete Mißverhältnis zwischen demVe r fahren 
beim Forschen und dem VerfahrenbeimDarstellen sich 
tatsächlich geändert hat, wage ich nicht zu entscheiden. Jedenfalls 
habe ich nicht den Eindruck, als hätte die Einsicht, daß Entwick 
lungen nur dann wahrhaft überzeugend sein können, wenn sie voll 
ständig eEntwicklun gen sind, durchgreifende Fortschritte ge 
macht. Und doch ist diese Einsicht der springende Punkt für den 
Gegensatz zwischen Forschen und Darstellen. 
Gewiß sind viele Irrtümer aufgeklärt, für viele Beweise strengere 
aufgestellt, in weitem Umfang bei neuen Schöpfungen strengere 
Methoden angewendet worden. Überwiegend aberträgt die Literatur 
auch heute das Gepräge nicht von dieser, sondern von der entgegen 
gesetzten Strömung. Die Geneigtheit, nicht bloß Denkfehler über 
haupt zu würdigen, sondern auch den feinsten Verstößen nachzu 
gehen, würde Gauß vielleicht auch heute als etwas Seltenes be 
zeichnen und den Anspruch, daß die meisten gerade das für über 
flüssig halten, worauf es ankommt, wiederholen können. 
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2. Zweierlei Bestandteile der Mathematik. 
Die Bestandteile der Mathematik, die Grundfragen zum Gegen 
stand haben oder mit solchen eng Zusammenhängen, bei denen 
daher selbst die unscheinbarste Lücke im Gedankengang verhängnis 
voll werden kann, will ich heikle Mathematik nennen, die 
anderen derbe Mathematik. Die Fragen der heiklen Mathe 
matik sind keineswegs als solche schwieriger als die der derben. 
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