Full text: Anleitung zu finanziellen, politischen und juridischen Rechnungen

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Sechstes Kapitel. Lotterie-Anlehen und Lotterien. 
werden kann. Es giebt nun auch eine Methode, eine aufgenommene Schuld 
in Form einer Lotterie zu tilgen.' Diese Tilgungsweise ist ein Ergebniß der 
neuern Zeit, und ziemlich beliebt. Es soll daher hier das Nöthige zur Be 
urtheilung dieser Tilgungsweise beigebracht werden. 
Man nennt nämlich ein Anlehen, das in Form einer Lotterie getilgt 
wird, ein Lotterie-Anlehen. Es unterliegt nun die Tilgung eines Lotterie- 
Anlehens im Allgemeinen den im Frühern aufgestellten Gesetzen, und ge 
schieht also dadurch, daß wahrend eines festgesetzten Zeitraumes und nach 
einem zum Voraus bestimmten Plane jährlich oder halbjährlich Summen 
zurückgezahlt werden, welche Zinsen- und Kapital-Abtragungen nach §. 28 
— 31 in sich begreifen, oder wenigstens darstellen sollen. Zu dem Ende 
werden Schuldscheine in nicht zu hohen Summen, etwa in 25, 50, 100 Fl. 
rc., um eine allgemeinere Theilnahme herbeizuführen, ausgegeben und von 
einem bestimmten Zeitpunkte an zurückgezahlt. Diese Schuldscheine führen 
im vorliegenden Falle den Namen »Loose" und gelangen alle allmalig in 
der festgesetzten Zeit zum Spiele. Die jährlich oder halbjährlich nach dem 
angenommenen Plane heimzuzahlenden Summen werden nämlich in Ge 
winne verschiedener Größe vertheilt, von denen sich die höchsten zu nicht un 
beträchtlichen Summen zu 40000, 50000 Fl. rc. und mehr erheben. Die 
niedersten Gewinne steigen von einer bestimmten Summe an und wachsen 
während der Zeit, in welcher ein Lotterie-Anlehen spielt, jährlich oder halb 
jährlich nach irgend einem Zinsfuß, in der Regel jedoch so, daß nur einfache 
Zinsen dem auf dem Schuldscheine gezeichneten Kapitale zugelegt werden. 
Kein Loos verliert, sondern jedes erhält die eingelegte Summe nebst den 
eben genannten einfachen Zinsen zurück. Bei jeder Ziehung wird sofort eine 
Anzahl Gewinne unter die zum Spielen kommenden Loose vertheilt. Der 
Zinsfuß, wornach die niedersten Gewinne bedacht werden, ist natürlich ge 
ringer als der Zinsfuß, in welchem das Anlehen verzins'! wird. Durch 
den hieraus sich ergebenden Ueberschuß und durch die Zinses-Zinsen, welche 
von dem Anlehen fallen, wird es möglich, höhere Gewinne auf einzelne 
Loose in den verschiedenen Ziehungen auszusetzen. Diese Einrichtung und 
die damit verbundene Sicherheit hat den Lotterie-Anlehen große Theilnahme 
zugewandt, denn sie geben dem Besitzer eines Looses die Aussicht, im glück 
lichen Falle einen nicht unbedeutenden Gewinn zu erhalten, ohne den Ver 
lust seiner Einlage fürchten zu müssen. Im unglücklichsten Falle wird die 
selbe ihm nach einer Reihe von Jahren mit niedern, einfachen Zinsen zu 
rückgegeben. Die Lotterie-Anlehen vertreten sogar in mancher Beziehung 
die Sparcassen, indem bei ihnen eine niedere Summe zinstragend angelegt 
werden kann und es nicht möglich wird, kleine Zinssummen, die eben des 
wegen nicht leicht zinstragend angelegt werden können, zu consumiren, wie 
dies gewöhnlich geschieht.
	        
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