294 2. Abth. Geometrie. Geometrie der Ebene. §. 267.
während ihre spitzen Winkel und Catheten einer fortwährenden Ver
änderung unterworfen sind.
Auch wenn bei weiter fortgesetzter Drehung des Schenkels der
mit der anfänglichen Richtung gebildete Winkel das Maaß eines
rechten überschreitet, wird durch Fällung einer Senkrechten NM auf
die Verlängert!ng von CA ein rechtwinkliges Dreieck gebildet,
worin ein eben solcher Zusammenhang zwischen den Catheten und
Winkeln herrscht. Da dieselbe Bemerkung sich für die Lage CO
oder CU des drehenden Schenkels wiederholt, so sieht man leicht, daß
die Fällung einer Senkrechten von dem einen auf die
Richtung des andern Schenkels ein sehr einfaches Mittel ist,
aus der Größe und Lage dieser Linie auf die Größe des entsprechen
den Winkels zu schließen. Man kann in Beziehung auf die beiden
Hauptrichtungen einer Ebene, welche durch zwei einander senkrecht
schneidende gerade Linien AL und FR. versinnlicht werden, eine solche
vom Endpunkt einer beliebigen geneigten Linie CU gefällte Senkrechte
ED ihre vertikale, und das von ihr abgeschnittene Stück CD ihre
horizontale Projection nennen; durch Länge und Richtung dieser
beiden Projektionen wird dann die Lage der Linie (d. h. der Winkel,
welchen sie mit CA bildet) vollständig bestimmt, z. B.
1) die Lage CE oder W- ACE durch CD und CE.
2) CN oder W. ACN CM und MN.
3) CO oder W. ACO CM und MO.
4) CU oder W. ACU CD und DU.
Denkt man sich den drehenden Schenkel von unveränderlicher Länge,
— kl, mithin als Radius eines durch seinen Endpunkt beschriebenen
Kreises, so folgt aus dem Vorstehenden, daß für jede Lage desselben,
wenn man seine horizontale Projection durch x, die vertikale durch y
bezeichnet, die Gleichung
a 2 = x 2 + y 2
stattfinden muß, die als die eigentliche Grundlage aller Betrachtun
gen der Goniometrie anzusehen ist.
§. 268. Winkelfunktionen. Da die Projektionen einer ge
raden Linie a als Catheten eines rechtwinkligen Dreiecks, wovon sie
selbst Hypotenuse ist, nothwendig kleiner sein müssen, so läßt sich
allgemein
(I) x — p . a (2) y = q . a
setzen, wenn man mit den Faktoren p und q ächte B r ü ch e bezeich
net, weil durch deren Multiplikation nothwendig Zahlen < a her
vorgehen. Und da der jedesmalige Werth dieser ächten Brüche von
der Form des entstehenden rechtwinkligen Dreiecks, d. h. von der
Größe seiner Winkel, abhängen wird, so darf man sie Winkelfunk
tionen (goniometrische Functionen) nennen. Derjenige ächte Bruch,
womit man a zu multipliciren hat, um den Werth der dem Winkel