Drittes Buch.
Anfangsgründe der höheren Geometrie
§. 329. Krumme Linien und Flächen. Den Betrach-
tnngen der elementaren Geometrie der Ebene und des Raumes lag
fast durchgängig die ursprüngliche Vorstellung von gerader Linie und
ebener Fläche zum Grunde. Von den unzähligen krummen Linien
wurde als die einfachste und regelmäßigste nach Begriff und Form
nur die Kreislinie aufgenommen, und auch die Betrachtungen über
sie oder die durch Umdrehung erzeugten Oberflächen konnten jener
Grundvorstellungen von gerader Linie und ebener Fläche nicht ent
behren. Dagegen wurden die krummen Linien oder Curven im
Allgemeinen wegen der Unbestimmtheit ihres Begriffs (als
nicht gerade Linien) und eben so die gekrümmten Flächen (als
Nicht-Ebenen) von jenen Betrachtungen ausgeschloffen und
eigenthümlichen späteren Untersuchungen vorbehalten, die man unter
dem Namen der höheren Geometrie jenen elementaren gegenüber
stellen kann.
H. 330. Beziehungs-Linien und Ebenen. Die Beziehung
auf eine gerade Linie, welche schon im negativen Begriffe der
Curve liegt, findet nothwendig auch in der Darstellung derselben
Statt, in sofern eine deutliche Vorstellung ihrer eigenthümlichen Ge
stalt nur dadurch gewonnen werden kann, daß man die stetige Aen
derung durch deu veränderlichen Abstand ihrer einzelnen Punkte von
einer gegebenen Geraden bemerklich macht. Diese Bestimmungsart
der Richtung und Lage vermöge des veränderlichen Abstandes von
einer gegebenen geraden Beziehungslinie ist eben sowohl auf gerade,
als auf krumme Linien, §lso ganz allgemein, anwendbar und enthält
die Grundansicht der höheren Geometrie. Ihr gemäß kann man