IV. Ordinalzahlen.
Mit dem Ergebnis, zu dem wir eben gelangt sind, haben wir nun
augenscheinlich nicht nur die Erklärung für die eigentümliche Tatsache,
daß die Bruchzahlen in den meisten Sprachen durch Ordinalzahlworte
bezeichnet werden, gewonnen, sondern zugleich auch den Schlüssel zum
Verständnis des "Wesens und der Bedeutung der Ordinalzahlen selbst in
die Hand bekommen. Auch die Benennung des Vierten selbst erklärt sich
daraus, daß er der eine Reihe von Vieren abschließende ist, derjenige, der
diese Reihe Vollmacht.
Daß dies das Wesen der Ordinalzahlworte sei und nicht, wie wir es
uns heute zu denken pflegen, das der Ordnungsziffer, war den Indern noch
wohlbewußt, als sie sie, wie mir J. Wackernagel zeigte, als pürana
„füllend“ bezcichncten 1 ).
1. Der Ordinalzahlausdruck mit mh „füllend“.
Im Ägyptischen tritt diese Bedeutung der Ordinalzahl sehr deutlich
hervor, in der vom Altägyptischen bis in das Koptische gebräuchlichen,
bislang zufällig vor dem neuen Reich nicht belegten 2 ) Ausdrucksform für
die Ordinalia, die mittels einer Partizipialform des Verbums mh „füllen“
( c * = *\ oder oe=> \) gebildet wird. Diese Partizipialform, die sich ursprünglich
im Geschlecht nach dem zu zählenden Worte richtet, ist im Koptischen
zu einem unveränderlichen Präfix geworden, das naturgemäß in verkürzter
Vokalisation (Status constructus) dasteht : av*.$>-).
Diesem Ordinalpräfix folgt, wenn das gezählte Wort an anderer Stelle
genannt wird, nur die Zahl in Gestalt eines Kardinalzahlwortes; andernfalls
aber die Verbindung des gezählten Wortes mit der Kardinalzahl (z. B.
rnp t 10 „10 Jahre“):
wdj-t mht 13 „der Feldzug, der 13 vollmachende“ oder „der 13 Vollmacht“,
d. i. „der 13. Feldzug“, Urk. IV 716 (Dyn. 18).
ht mh t 200 „das Haus, das 200 vollmachende“ d. i. „das 200 ste Haus“,
Leiden J. 350 (Ztsclir. f. äg. Sprache 42, 33).
‘) Vgl. Pänini 51, 48, nach dem sie in der Bedeutung „füllen“ stehen (Wackernagel).
2 ) Über ein altes Beispiel, das ich inzwischen gefunden zu haben glaube, s. S. 112.