I. Das Ziffernsystem der Ägypter.
1. Die Ziffern.
Das ägyptische Ziffernsystem, wie es uns bereits bei Beginn der
Geschichte (spätestens 3300 v. Chr.) * 1 ) fertig in Gebrauch auf den Denk
mälern entgegentritt 2 ), besitzt für die Eins und für jede Potenz von 10
bis hinauf zur Million ein besonderes Zahlzeichen, das so oft wiederholt
wird, als die betreffende Zahlengröße vorhanden sein soll. Es ist also das
selbe Prinzip, nach dem auch die Phoiniker und in älterer Zeit auch die
Griechen (in den sogen, herodianischen Zahlzeichen) ihr Ziffernsystem ge
staltet haben, und das auch dem etruskisch-römischen Ziffernsystem im
wesentlichen zugrunde lag.
Die hieroglyphischen Formen der Zahlzeichen für die verschiedenen
Potenzen von 10 sind:
Eins: ein senkrechter, einfacher Strich i wc(J-w).
Zehn: ein stehender Bügel fl md(-w).
Hundert: ein Strick £ s-t (dies der spätere Lautwert), ursprünglich
vielleicht sn t 3 ).
Tausend: eine Lotuspflanze ^ k.
Zehntausend: ein stehender Finger j|, abgekürzt dbc.
Hunderttausend: eine Kaulquappe später auch geschrie
ben 4 ), hfa.
Million: ein Gott ^ M, in älterer Zeit ohne das j" auf dem Kopfe.
Die Einer und Zehner werden in bestimmten Fällen auch wagerecht
gelegt (3 = 10, - = 1) statt aufrecht zu stehen, so z. B. stets in den
‘) Die Hauptperioden der ägyptischen Geschichte sind:
Älteste Zeit (Dyn. 1—2) spätestens ca. 3300 bis 2900 v. Chr.
Altes Reich (Dyn. 3—6) spätestens ca. 2900 bis 2400 v. Chr.
Mittleres Reich einschl. Hyksoszeit (Dyn. 12—16) 2000 bis 1600 v. Chr.
Neues Reich (Dyn. 17—21) ca. 1600 bis 950 v. Chr.
Spätzeit (Dyn. 26—30): 663 bis 332 v. Chr.
Ptolemäerzeit: 332 bis 30 v. Chr.
Römische Zeit: 30 vor Chr. bis 640 nach Chr.
*) Die ältesten bekannten Belege für das ägyptische Ziffernsystem sind:
1. Das Siegesdenkmal des Königs Ncr-mr aus dem Anfang der 1. Dynastie (spätestens
ca..3300 v. Chr.), Quibell, Hierakonpolis I pl. 26 B. Dort wird die Zahl der gemachten
Gefangenen auf 120000, die der erbeuteten Rinder und Ziegen auf 400000 und 1422000
angegeben.
2. Die Statue des Königs Hcj-shm (Chac-sechem) aus dem Ende der 2. Dynastie
(spätestens ca. 2900 v. Chr.), Quibell a. a. 0. pl. 40. Dort ist die Zahl der „unterägyptischen
Rebellen“, die sich „unter den Sohlen des Königs“ befinden sollen, auf 47 208 angegeben.
3 ) Spiegelberg, Ztschr. f. äg. Sprache 36, 135ff.
4 ) Brugsch, Thesaurus II 202.