2. Die Zahlwörter von 1 bis 20 und ihr Verhältnis zu den semit. Zahlwörtern. 23
nicht ein Element der Endung sehen darf, da keines der andern Zahl-
gbstrakta ein solches vor dem t der Feminalendung aufweist, sondern das
zum Stamme gehören muß. In der Tat lassen sich die koptischen Formen
des Zahlwortes 5 aus einem Stamme div um nichts schwerer erklären, als
aus einem Stamme di 1 ).
Wenn das ägyptische Zahlwort für 5 demnach von dem alten Worte
für „Hand“ abgeleitet zu sein scheint, das die semitischen Sprachen noch
heute verwenden, das die ägyptische Sprache selbst aber bereits früh ver
loren hatte, so ist anzunehmen, daß auch die semitischen Sprachen einst
dasselbe Zahlwort gehabt haben, und daß sie es erst nach der Trennung
der beiden Sprachzweige durch einen anderen Ausdruck hams ersetzt haben.
Damit würde sich die ganze Verschiedenheit zwischen den ägyptischen
und den semitischen Zahlworten für die Einer im letzten Grunde auf den
Unterschied der Worte für 3 reduzieren 2 ).
10. 20.
Dazu tritt nun aber, wie eingangs bemerkt, seltsamerweise noch das
Zahlwort 10, das doch die Grundlage des ganzen Zahlensystems bildet,
und daher vor allen andern dem Ägyptischen und Semitischen gemeinsam
sein sollte. Hier wird uns der Befund bei der 5 vielleicht eine Erklärung
geben. AVenn die 5 nach der Hand benannt war, so ist anzunehmen, daß
es auch die 10 gewesen sei, sei es, daß sie als „die beiden Hände“ oder,
was wahrscheinlicher ist, als „die Finger“, wie das Zahlwort für 10 000,
benannt war. Wielleicht besaß die gemeinsame Stammsprache einst ein
solches Wort für die Zahl 10, das späterhin beide Sprachzweige aufgegeben
4 ) *diivew „fünf“ (mask.) mußte diiv (A'O'S') ergeben wie *hrewröwew „ruhig sein“ zu
go-ypioov. *dedöf „sein Kopf“ (aus de\dö\ef) zu ■xioq wurde (Verbum I § 59 ff. 161a); *diwet
„fünf“ (fern.) mußte die (-^e), di ($) werden, wie *muwet „sterben“ zu mott, *söwer „trinken“
zu cio, *sendöwet „Königschurz“ zu ujirrio wurde (Verbum I §157b. 171); desgl. *dewet
„Fünfheit“ zu th ; auch *daivjew „50“ mußte nach den Lautgesetzen *dajjew (t^iott) geben.
*) Erwähnt sei hier, daß mein Freund Dr. A. Ember, ohne von dieser meiner Unter
suchung etwas zu wissen, die Vermutung aufgestellt hat, das semit. hams „fünf“ sei im
Grunde mit dem äg. hmt „drei“ identisch. Wenn das richtig sein sollte, so gäbe es wohl
nur zwei Möglichkeiten. Entweder das Wort hmt = hams war bei der Trennung der beiden
Sprachzweige noch ein unbestimmter Vielheitsausdruck, den der eine Zweig dann für das
eine, der andere für das andere absterbende Zahlwort einsetzte (das Ägyptische für t_alät_
„drei“, das Semitische für das von jad „Hand“ abgeleitete „fünf“), also analog dem Falle,
der bei „zahlreich“ = cSr „zehn“ vorzuliegen schien. Oder aber es müßte hmt = hams
damals schon die Zahl drei bezeichnet haben, wie später im Ägyptischen, und das Semi
tische müßte dann seinerseits nach der Trennung diese bestimmte Zahlbezeichnung auf eine
andere Zahl, die 5, übertragen und bei der 3 durch eine neue Form ersetzt haben. Es kann
wohl nicht zweifelhaft sein, daß die erstere Möglichkeit weit mehr innere Wahrscheinlich
keit besäße.