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Erstes Kapitel: „Elementare“ und [§ 2
Reihe mit dem Zunehmen der Werte der anderen Reihe sich einstellt.
Die Kunst des nicht-mathematischen Statistikers, der zu diesem Ver
fahren greift, gipfelt demnach in der geschickten Anpassung der gebil
deten Gruppen an den Wellengang der Regressionslinie, damit die auf
einander folgenden Schwankungen in möglichst engen Grenzen aus
geglichen werden. Die Gefahren der hiermit verbundenen Willkür
brauche ich nicht hervorzuheben. Man sucht sich gegen dieselben ge
legentlich in der Weise zu sichern, daß bei der Gruppenzusammenziehung
gewisse, als Norm geltende, Regeln eingehalten werden: die Gruppen
werden z. B. so gebildet, daß sie möglichst gleiche Zahlen der Einzel
beobachtungen umfassen, oder in solcher Weise, daß die Skala der X-
Werte in gleiche Abschnitte eingeteilt wird. Es wird hierbei in etwas
primitiven Formen mit denselben Schwierigkeiten gerungen, welche die
Mathematiker in systematisch durchgedachter Weise mit besserem Er
folg zu überwinden vermögen.
B. Ein anderes beliebtes Verfahren der Nicht-Mathematiker besteht
in der Betrachtung der Abweichungen der einzelnen Werte der beiden
Reihen von ihren Mittelwerten. Man geht hierbei davon aus, daß bei
gegenseitiger Unabhängigkeit das Ausschlagen von X nach der einen
Seite ungefähr gleich häufig vom Ausschlagen von Y in derselben, wie
in der entgegengesetzten Richtung begleitet werden sollte. Ein stärkeres
Überwiegen der gleichgerichteten Abweichungen wäre demnach ein
Zeugnis für das Bestehen eines direkten Zusammenhanges zwischen X
und Y; ein Überwiegen von entgegengesetzt gerichteten Abweichungen
wäre anderseits ein Zeugnis für das Bestehen eines umgekehrten Zu
sammenhanges. Um diese Gruppe der nicht-mathematischen Forschungs-
Verfahren in ihrem systematischen Ausbau zu verfolgen, wollen wir ein
Beispiel betrachten, welches von Prof. G. Jahn in seinem Lehrbuche 1 )
behandelt wird, nämlich den Zusammenhang der Höhe des Tagelohns
in verschiedenen Provinzen Norwegens in den Jahren 1910 und 1915
(vgl. Tabelle 3). Die von uns zu behandelnden Reihen geben den durch
schnittlichen Lohn des männlichen Tagelöhners in den 18 „Fylker“
Norwegens in den beiden Jahren wieder, wobei ich die einzelnen Gebiete
nach der Höhe des Tagelohns im Jahre 1910 geordnet habe. In den
ersten 8 Provinzen in unserer Tabelle stand der Tagelohn 1910 über dem
Gesamtdurchschnitte; nur in einer von diesen 8 Provinzen stand der
Tagelohn 1915 unter dem Durchschnitte für 1915, in den übrigen 7 war
er auch 1915 überdurchschnittlich. Von den letzten 10 Provinzen, welche
1910 unterdurchschnittliche Löhne aufwiesen, hatten 2 1915 Löhne,
die den Durchschnitt von 1915 überstiegen; die übrigen 8 hatten auch
1915 unterdurchschnittliche Löhne. Gleichgerichtete Abweichungen
vom Durchschnitte sind also in 15 Fällen von 18 zu beobachten; nur in
drei Fällen waren die Abweichungen verschiedenen Sinnes. Ein direkter
1) G. Jahn, Statistikkens teknik og metode, p. 224 (Kristiania, 1920).