Full text: Grundbegriffe und Grundprobleme der Korrelationstheorie

und funktioneller Zusammenhang 
21 
§1] 
20 gezogenen Kugeln eine bestimmte, nach den bekannten Regeln der 
Wahrscheinlichkeitsrechnung leicht zu berechnende Wahrscheinlich 
keit zu. Sie wird zu einer zufälligen Variablen 21er Ordnung mit 
einem anderen Verteilungsgesetze, falls die Zahl der weißen Kugeln 
in der Urne nicht die Hälfte, sondern \ oder f ausmacht, sowie in 
dem Falle, wenn die gezogenen Kugeln in die Urne nicht zurückgelegt 
werden. 
Dieses Beispiel der Ziehungen aus der Urne eignet sich gut, um nicht 
nur den Begriff der zufälligen Variablen, sondern auch seine Bedeutung 
für die wissenschaftliche Forschungsarbeit klarzulegen. Vielfach hat 
der Forscher sein Material sich in einer Weise zu verschaffen, welche 
den Ziehungen aus einer geschlossenen Urne entspricht. In der Be- 
völkerungs- und in der Sozialstatistik haben wir z. B. gelegentlich mit 
sogenannten Stichprobenerhebungen zu tun, welche das Schema der 
Ziehungen aus der Urne mit oder ohne Zurücklegung der gezogenen 
Kugeln genau nachahmen. Der Planktonforscher holt sich aus den 
Tiefen des Ozeans kleine Proben der sie bevölkernden Fauna der Klein 
wesen, um von diesen Proben auf den Inhalt seiner unermeßlich umfang 
reichen „Urne“ zu schließen. Der Arzt entnimmt dem Körper des Pa 
tienten ein Tröpfchen Blut, verdünnt es und zählt dann unter dem 
Mikroskop die Blutkörperchen in einem winzigen Bruchteil der ver 
dünnten Lösung, um auf Grundlage dieses Materials die für seine 
Diagnose wesentlichen Eigenschaften des Blutes des Patienten kennen 
zu lernen. Die Zahlen der roten und der weißen Blutkörperchen im Zähl 
felde seines Hämacytometers haben die Eigenschaften einer zufälligen 
Variablen genau derselben Art, wie die Zahlen der weißen und nicht 
weißen Kugeln in den von uns oben betrachteten Beispielen. 
Durch solche Fälle, wo der Forscher zum Probenehmen absichtlich 
greift, wird die Verwendung des Probeverfahrens in der Naturforschung 
noch nicht erschöpft. Wenn man näher zusieht, so hat der Forscher 
vielfach auch da mit Proben zu tun, wo dies gar nicht beabsichtigt wird. 
Wenn der Botaniker eine neue Blume findet und an dem von ihm ge 
pflückten Exemplar die Blumenblätter zählt, so ist er eigentlich in der 
selben Lage, wie wenn er aus einer Urne mit einer Anzahl von Zetteln, 
auf welchen zum Teil verschiedene, zum Teil übereinstimmende Zahlen 
geschrieben sind, einen Zettel gezogen und die auf demselben stehende 
Zahl gelesen hätte. Pflückt er ein anderes Exemplar seiner neuentdeck 
ten Blume, so wird er vielleicht dieselbe, möglicherweise aber eine andere 
Zahl treffen. Dieselbe Blume kann ja verschiedene Zahlen bei den ein 
zelnen Exemplaren aufweisen: gerade und ungerade, um eine oder um 
mehrere Einheiten voneinander abweichende. Prof. C. V. L. Charlier 
hat z. B. die Blumenblätter an 321 Exemplaren der Trientalis Europaea 
aus der Umgebung von Lund gezählt 1 ): die meisten — fast die Hälfte — 
1) Ygl. E. Czuber, Die statistischen Forschung smethoden, S. 115—116.
	        
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