Full text: Grundbegriffe und Grundprobleme der Korrelationstheorie

und funktioneller Zusammenhang 
§1] 
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tistik. Wollen wir noch einige Beispiele betrachten, welche diese Unter 
scheidung von einer anderen Seite beleuchten. 
Als einer der Wege, auf welchen die zufällige Variable ins Gesichts 
feld des Forschers treten kann, erscheint die mit Beobachtungsfehlern 
belastete Messung. Nehmen wir an, daß wir unseren Euklid vergessen 
haben und die Frage nach der Summe der Winkel eines Dreiecks als ein 
naturwissenschaftliches Problem betrachten und durch Messungen 
empirisch lösen wollen. An einer großen Anzahl von Dreiecken werden 
alle drei Winkel gemessen und für jedes Dreieck die Summe der drei 
Addenden berechnet. Die wahre Größe der Summe beträgt in jedem 
Falle, wie wir wissen, 180 Grad. Aber die Werte der einzelnen Summen 
werden bald mehr, bald weniger von 180 Grad abweichen. Die gemessene 
Summe der Winkel des Dreiecks erscheint uns nicht als eine Konstante, 
sondern als eine Größe, welche, falls alle Messungen in der gleichen Weise 
mit der nötigen Sorgfalt ausgeführt werden, verschiedene Werte mit be 
stimmten Wahrscheinlichkeiten annimmt; sie ist eine zufällige Variable 
im Sinne unserer Definition. 
Ein anderes Beispiel. Jemand will seine Körperlänge an seinem 
21. Geburtstage feststellen und nimmt zu diesem Zwecke mit Hilfe 
eines Freundes sorgfältig ausgeführte Messungen vor. Das, was ihn 
interessiert, ist keine zufällige Variable, sondern eine ganz bestimmte 
Größe: seine in Zentimetern, Millimetern usw. ausgedrückte Körper 
länge an dem gewählten Stichtage. Die Messungen werden ihm aber 
seine wahre Körperlänge nicht genau angeben; infolge der unvermeid 
lichen Messungsfehler wird das Ergebnis der Messung bald mehr, bald 
weniger, bald nach der einen, bald nach der anderen Seite von der ge 
suchten Größe abweichen. Die gemessene Körperlänge wird als eine 
zufällige Variable erscheinen mit einem durch die Technik und die Ge 
schicklichkeit der Messung bestimmten Verteilungsgesetze. Um zu der 
gesuchten wahren Körperlänge zu gelangen, ist man gezwungen, diese 
zufällige Variable zu betrachten und sie zweckentsprechend zu behan 
deln. Sie ist aber unter solchen Verhältnissen kein Gegenstand der For 
schung. Man braucht sie und ihr Verteilungsgesetz zu kennen, nur um 
den zahlenmäßigen Wert der wahren Körperlänge möglichst genau be 
stimmen zu können und die Sicherheit der Bestimmung möglichst zu 
verlässig zu schätzen. 
Anderseits wollen wir annehmen, daß der Gegenstand unseres Inter 
esses nicht die Körperlänge eines 21jährigen Individuums an seinem Ge 
burtstage, sondern die Körperlänge des 21jährigen Norwegers ist und 
daß zum Zwecke ihrer Bestimmung die Körperlängen einer Anzahl 
von 21jährigen Norwegern gemessen werden. In diesem Falle ist nicht 
nur das Ergebnis der Messung, sondern auch die zu messende Größe 
eine zufällige Variable. Die wahren Körperlängen der zu messenden 
Norweger sind verschieden, und ihre verschiedenen Werte folgen einem 
bestimmten Verteilungsgesetze — dem sogenannten Gauß-Laplace-
	        
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