§ 2] Abhängigkeitsgesetz 43
eines Merkmals bestimmte Wahrscheinlichkeiten zukommen, können
wir das betreffende Merkmal als ein zufällig variables Merkmal bezeich
nen. In gleichem Sinne muß auch der Begriff der stochastischen Ver
bundenheit erweitert werden, indem man ihn von zufällig variablen
Größen auf zufällig variable Merkmale überträgt, welche sowohl meß
bar, wie nicht meßbar, quantitativ und qualitativ sein können. Zwei
variable Merkmale sind stochastisch miteinander verbunden, falls nach
der näheren Bestimmung der Gestaltung des einen Merkmals das andere
Merkmal ein zufällig variables bleibt in dem Sinne, daß es verschiedener
Gestaltungen fähig ist, denen bestimmte Wahrscheinlichkeiten zu
kommen. Verliert es hingegen den Charakter des zufällig variablen
Merkmales, nachdem die besondere Gestaltung des ersten Merkmales
festgelegt wird, so sind die beiden Merkmale nicht stochastisch mitein
ander verbunden, sondern stehen in einem Zusammenhänge miteinander,
welcher dem funktionellen Zusammenhänge zwischen den variablen
Größen entspricht.
Als Beispiel des nicht-quantitativen zufälligen Merkmales kann die
Barbe der aus einer geschlossenen Urne zu ziehenden Kugeln gelten.
Nimmt man ferner an, daß die Kugeln sich nicht nur durch die Farbe,
sondern außerdem durch irgendwelche Abzeichen voneinander unter
scheiden, so hat man ein Beispiel von stochastisch verbundenen nicht
quantitativen zufälligen Merkmalen vor sich.
Unter Verwendung der verallgemeinerten Begriffe des zufällig va
riablen Merkmales und der stochastischen Verbundenheit der zufällig
variablen Merkmale können wir die bereits hervorgehobene Besonder
heit der Forschungsverfahren, welche von der Betrachtung der Diffe
renzen p Uj — Vi\P\j ausgehen, genauer dahin präzisieren, daß sie sich
zur Untersuchung der stochastischen Verbundenheit nicht nur zwischen
zufällig variablen Größen, sondern auch zwischen zufällig variablen
nicht-meßbaren und sogar nicht-quantitativen Merkmalen eignen. Dies
ist ein wesentlicher Vorzug dieser Gruppe der Forschungsverfahren.
Die anderen Verfahren, zu deren Betrachtung wir jetzt übergehen wer
den, lassen sich bei der Untersuchung der nicht-quantitativen Merkmale
nur dann ohne weiteres verwerten, wenn die beiden zufällig variablen
Merkmale bloß je zwei verschiedene Gestaltungen annehmen können (vgl.
unten § 7). Sonst setzt ihre Anwendung auf nicht-quantitative Merk
male eine künstliche „Quantifizierung“ derselben voraus: man sucht,
die verschiedenen Gestaltungen der qualitativen Merkmale in einer sol
chen Weise aneinanderzureihen, daß die Aufeinanderfolge der Glieder
der Reihe mit einigem Recht als eine Zu- bzw. Abnahme eines unmittel
bar nicht faßbaren quantitativen Merkmales aufgefaßt werden könne,
wobei es zum Teil außerdem verlangt werden muß, daß diese hinzu-
gedachten quantitativen Abstufungen eine nicht allzu willkürliche Ab
schätzung zulassen.
Tschuprow , Korrelationstheorie
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