Full text: Grundbegriffe und Grundprobleme der Korrelationstheorie

78 Sechstes Kapitel: Schätzung apriorischer Größen [§ 2 
des Vorzeichens des systematischen Fehlers ergänzt, so darf es für wissen 
schaftlich korrekt, wenn auch weniger befriedigend als das zuerst be 
sprochene Verfahren, gelten. In den Anfängen der modernen statisti 
schen Theorie hat dieses Schätzungsverfahren nicht hoch genug zu ver 
anschlagende Dienste geleistet. Die meisten der für den Statistiker in Be 
tracht kommenden apriorischen Größen sind zunächst auf diese Weise 
auf Grundlage des empirischen Materials geschätzt worden ; erst später hat 
man sich darauf besonnen, daß hierbei systematische Fehler begangen 
werden können, und hat gesucht, in den einzelnen Fällen festzustellen, 
ob solche vorliegen, und bejahendenfalls eine genauere Vorstellung von 
deren Größe zu gewinnen. Das Ergebnis solcher Untersuchungen der syste 
matischen Fehler war in verschiedenen Fällen verschieden. Gelegentlich 
konnte man nachweisen, daß ein systematischer Schätzungsfehler über 
haupt nicht vorhanden war. In anderen Fällen gelang es, den systemati 
schen Fehler genau zu bestimmen und dann die gewählte Funktion U' so 
zu modifizieren, daß der systematische Fehler beseitigt wurde : legt man 
z. B. der Schätzung des Wertes von p(l — p) statt der Größe ~ (l—-~j 
den Wert von ^ ^1 — zugrunde, so wird der systematische Fehler 
eliminiert, da die mathematische Erwartung von ^1 — j ^ , genau 
gleich p( 1 — p) ist. In sehr vielen Fällen hat man jedoch nicht mehr er 
reichen können, als eine approximative Schätzung des systematischen 
Fehlers. Namentlich, wenn die empirische Funktion U' keine ganze 
rationelle Funktion der Werte von X und Y ist, sieht man sich in der 
Regel gezwungen, bei einer ungefähren Schätzung des systematischen 
Fehlers stehen zu bleiben. 
3. Bevor wir zur ausführlicheren Darstellung der Weisen übergehen, 
auf welche die apriorischen Größen, die für die Korrelationsforschung 
in Betracht kommen, auf Grundlage des empirischen Materials geschätzt 
zu werden pflegen, wollen wir noch den Begriff des Präsumptivwertes 
näher ins Auge fassen. Ich vermeide die Präsumptivwerte, welche in 
obiger Weise für die betreffenden apriorischen Größen erhalten wer 
den, als Näherungswerte zu bezeichnen, denn Näherungswerte im übli 
chen Sinne des Wortes sind sie nicht: der Präsumptivwert ist ein Be 
griff für sich, ein Näherungswert sui generis. Dies kommt deutlich darin 
zum Vorschein, daß der übliche Näherungswert durch Berechnung von 
mehr Dezimalen verbessert wird: 3,14 ist z. B. ein besserer Näherungs 
wert von it als 3,1, und 3 wäre ein noch schlechterer Näherungswert 
von 3t. Der Präsumptivwert wird hingegen durch eine größere Anzahl 
von Dezimalen nicht besser gemacht. Er kann ja in diesem Sinne absolut 
genau sein, ohne aufzuhören, Näherungswert in dem ihm eigenen Sinne 
zu bleiben. Wenn in einer Serie von 100 Ziehungen aus einer geschlosse 
nen Urne die weiße Kugel 50mal erscheint, so ist der Präsumptivwert 
^/2 = 0,5 für die apriorische Wahrscheinlichkeit der Ziehung einer weißen
	        
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